Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

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cs mir versagen, in die Erwägung der Gründe einzugehen, die Ihren Schritt 
veranlaßten. Dieselben müssen zwingender Natur gewesen sein, wenn 
Kaiser Wilhelm einwilligte, sich von Ihnen nach einer so langen und auf 
allen Gebieten erfolgreichen Amtsführung zu trennen. Sie können, ver- 
ehrter Fürst, mit Stolz auf die Ihrem Kaiser und Deutschland gewidmeten 
Jahre zurückblicken und mit dem Gefühl von dem hohen Posten scheiden, 
die Entwicklung Deutschlands nach allen Richtungen gefördert und seinen 
staatlichen Bau gestärkt zu haben. Wir in Österreich-Ungarn schen Sie 
mit dem aufrichtigsten Bedauern zurücktreten, weil wir in Ihnen einen 
überzeugten und bewährten Vertreter des Allianzgedankens zwischen den 
beiden Kaiserreichen erblickten. In diesem Zusammenhang habe ich mich 
eines Auftrages meines allergnädigsten Herrn zu entledigen. Seine Majestät 
Kaiser Franz Josef hat von dem Inhalt des Schreibens Szögyenyis über 
seine letzte Unterredung mit Eurer Durchlaucht Kenntnis genommen und 
mir befohlen, Ihnen zu sagen, daß Seine Majestät Ihrer Person und Ihrem 
treuen Festhalten an dem Bündnis ein herzliches und dankbares Andenken 
bewahren werde.“ 
Der italienische Minister des Äußern, Herr Tommaso Tittoni, richtete 
ein längeres Schreiben an mich, das ich in deutscher Übersetzung folgen 
lasse: „Teurer Fürst und Freund, ich habe den Brief, den E. D. mir sandten, 
erhalten. Ihnen für den außerordentlich liebenswürdigen Gedanken 
dankend, erlaube ich mir in italienischer Sprache zu antworten, der Sprache, 
die E. D. verstehen und lieben. E. D. hatten die Güte, der wohlwollenden 
Herzlichkeit, die Sie unseren persönlichen Beziehungen aufgeprägt haben, 
und der Sympathie, die Sie immer für mein Land zeigten, seit Sie eskannten, 
noch einmal Ausdruck zu geben. Als Botschafter in Rom, als Minister des 
Äußern und als Reichskanzler haben Sie stets die Interessen Italiens im 
Einklang mit denen Deutschlands betrachtet. Deshalb konnte das Bündnis 
zwischen den beiden Staaten während Ihrer ganzen Amtszeit fortdauern 
und die Schwierigkeiten mancher delikaten Situation überwinden, weil 
E. D. in der Festhaltung der Verträge den festen Willen und die Loyalität 
gesetzt hatten, die Sie auch das Recht hatten von uns zu erwarten und die 
von uns immer mit nicht weniger spontanem Gefühl und nicht weniger 
vertrauensvoll erwidert wurden. Nachdem Sie freiwillig Ihren verant- 
wortungsvollen Posten verlassen, begleitet von der Achtung Ihres Souve- 
räns und umgeben von dem Respekt und der allgemeinen Bewunderung, 
bleiben E. D. die stärkste Persönlichkeit der deutschen Politik, und mein 
politischer Egoismus bestimmt mich, Sie noch als wertvollen Mit- 
arbeiter zu betrachten, an den ich oder wer auch sonst meinen Posten 
in Zukunft bekleiden wird, sich vertrauensvoll wenden kann mit der Sicher- 
heit, volle Erwiderung unserer Gefühle zu finden. Der Brief E. D. läßt mich
	        
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