METTERNICH 361
hoffen, daß Sie sich für die beabsichtigte Ruhe nicht nur zu kurzem Auf-
enthalt in Rom niederlassen werden. Sie werden hier nicht nur Ihre Gewohn-
heiten wiederaufnehmen und teuere Beziehungen mit Ihrer genialen Intelli-
genz wieder anknüpfen können, sondern auch unsere Mentalität verstehen
und deren Eindrücke zu schätzen wissen. E. D. haben sich nicht nur als
Bewunderer unserer Vergangenheit gezeigt, sondern Sie sind auch von der
Bedeutung unserer Gegenwart und unserer Zukunft für Deutschland über-
zeugt. Jetzt unter uns lebend, können Sie Zeuge unserer Bemühungen sein,
mit Würde den Frieden zu sichern und die Mäßigung unserer internationalen
Tätigkeit wie die Gerechtigkeit unserer Bestrebungen feststellen, die sich
nicht nur aus den Akten der Regierung ergibt, sondern auch aus der Hal-
tung des gesamten Volkes. Ich bin sicher, daß die Zuneigung und Achtung,
mit der E. D. uns immer beehrt haben, hierbei nur zunehmen können. Ich
werde mich beeilen, Ihren Majestäten dem König und der Königin und
Ihrer Majestät der Königin Mutter die Gefühle zur Kenntnis zu bringen,
von denen Sie wünschen, daß ich sie übermittle. Dem On. Giolitti und
unseren zahlreichen gemeinsamen Freunden werde ich Ihre liebenswürdigen
Worte überbringen. Als Minister, als Italiener und als Freund sende ich
Ihnen einen Gruß dankbarer Erinnerung. Wollen E. D. den Ausdruck
meiner hohen Wertschätzung wie meiner unveränderlichen anhänglichen
Freundschaft entgegennehmen.“ Zwei Tage später telegraphierte mir Tittoni:
„Leurs Majestes le Roi et la Reine me telegraphient: Nous sommes tres
sensibles aux expressions contenues dans la lettre du Prince de Bulow.
Nous vous prions de lui exprimer nos vifs remerciments. Sa Majeste la
Reine mere me telegraphie: Je vous prie d’envoyer mes salutations des
plus amicales et affecteuses au Prince de Bulow pour lequel j’ai toujours eu
une estime profonde.“
Als sich die Parteiverhältnisse im Reichstage in einer Weise verschoben
hatten, die meinen Rücktritt in den Bereich der Möglichkeit und selbst der
Wahrscheinlichkeit rückten, während ich mich gleichzeitig des Kaisers
immer weniger sicher fühlte, hatte ich ein längeres Schreiben an unseren
Botschafter in London, den Grafen Metternich, gerichtet, um ihn über
die Lage der Dinge in Berlin zu orientieren. Am Schluß meines Briefes
sagte ich: ich bedauerte, daß ich zurücktreten müsse, bevor ich die Möglich-
keit gehabt hätte, mit England eine Verständigung über die Flottenfrage
herbeizuführen. Ich sei einer solchen Verständigung nicht nur nicht ab-
geneigt, sondern ich hielte sie unter den Metternich bekannten Voraus-
setzungen im Interesse beider Länder für nützlich und notwendig. Ich
glaubte auch, daß ich bei längerem Bleiben eine solche Verständigung gerade
so durchgesetzt hätte, wie ich nach manchen „ups and downs“ zu einem
befriedigenden Abkommen über Marokko gekommen wäre, das unsere
Metternich