Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

Alfred 
v. Berger 
364 EIN SIEGESBANKETT 
verhältnis zu Österreich den Reiter zu spielen. Ich erlaubte Österreich 
keine rollenwidrigen Seitensprünge und war auch, und gerade während der 
bosnischen Krise, allen kriegerischen Velleitäten in Wien und Pest scharf 
entgegengetreten. Ich hatte während dieser Krise die deutsche Politik so 
geführt, daß ich Österreich schützte und stützte, es aber doch nicht wegen 
Österreichs und durch Österreich zu einer dauernden Entfremdung oder 
gar zu einem Zusammenstoß zwischen Deutschland und Rußland kommen 
ließ. Der österreichische Historiker Friedjung, der ttrotzseiner Sympathien 
für Deutschland und seiner deutschen Kultur innerlich ganz Österreicher, 
schwarzgelber Österreicher war, faßt in seinem Werk über das Zeitalter des 
Imperialismus das Ergebnis des bosnischen Annexionsstreits in die sauer- 
süßen Worte zusammen: „Während nun Österreich-Ungarn aus der bos- 
nischen Krise nicht ohne Einbußen hervorging, war der von Deutschland 
1909 errungene Erfolg völlig ungetrübt. Bülow verstand es sogar, mit 
Iswolski auf fast freundschaftlichem Fuße zu bleiben.“ Und endlich hatte 
ich österreichische Versuche, unsere Ostmarkenpolitik zu sabotieren, nicht 
geduldet. Derartige Versuche erfolgten teils durch den Fürsten Max 
Fürstenberg direkt bei Kaiser Wilhelm, teils durch den Botschafter 
Szögyenyi auf gesellschaftlichem Wege. 
Die geringe Beliebtheit, deren ich mich namentlich bei der jüngeren 
k. und k. Diplomatie erfreute, trat in beinahe grotesker Weise zutage, als, 
bald nachdem ich meinen Abschied eingereicht hatte, die Sekretäre und 
Attaches der österreichisch-ungarischen Botschaft in Berlin sich an einem 
Diner beteiligten, das aristokratische Mitglieder der Zentrumspartei zur 
Feier meines Rücktritts in einem großen Berliner Hotel veranstalteten. 
Den Vorsitz bei diesem Sieges- und Freudenfest führte der damalige Zen- 
trumsabgeordnete Graf Hans Oppersdorff, der spätere Überläufer zu den 
Polen und Landesverräter, der sich für dieses Präsidium in der Tat wie 
kein anderer qualifizierte. Der österreichisch-ungarische Botschafter Graf 
Szögyenyi erschien, sobald er von dieser Taktlosigkeit erfuhr, bei mir, um 
mir sein Bedauern auszusprechen und mir gleichzeitig zu sagen, daß er den 
Schuldigen einen strengen Verweis erteilt habe. Aus den nach dem Um- 
sturz von 1918 erfolgten Wiener Publikationen ist übrigens zu erschen, daß 
nach dem Sturz des Fürsten Bismarck der damalige österreichisch- 
ungarische Botschafter in Berlin, Graf Emmerich Szechönyji, alles in allem 
Genugtuung empfand. Ich bin also, was die intimen Gefühle mancher 
Österreicher mir gegenüber betrifft, in guter Gesellschaft. 
Aus Wien schrieb mir der Schriftsteller Alfred von Berger, früher 
Leiter des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, dann Direktor des 
Hofburgtheaters in Wien: „Welch unermeßlichen Schatz von Vertrauen und 
Bewunderung Sie aus jenen Schichten des deutschen Volkes, die von Partei-
	        
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