368 EIN UNBEKANNTER
werde. Diese große, nun schr geschwächte Hoffnung war an die Autorität
Ihres Namens geknüpft. Persönlich hatte ich auch die Überzeugung und
freute mich darob, daß Ihre so vornehme Bildung, in den Dienst des
Staatswesens gestellt, den Wert eines nationalen Gutes besitze. Mit den
vielen und gewichtigen Stimmen, die Ihr Scheiden beklagen, glaube ich
auch meine Stimme vereinigen zu dürfen, und ich bin mit der größten Hoch-
achtung und Ehrerbietung Ihr ergebenster Curti.““ Die „Frankfurter
Zeitung‘ hatte mich und namentlich meine wirtschaftliche Politik während
meiner Amtszeit oft und bisweilen scharf bekämpft. Ihr damaliger Chef-
redakteur war von Geburt Schweizer. Vielleicht ist es darauf zurückzu-
führen, daß er mich und meine Wirksamkeit vorurteilsloser würdigte, als
dies bei uns unter politischen Gegnern des Landes der Brauch ist.
Ich habe schon früher einen vieljährigen Schweizer Freund erwähnt,
der in Paris lebte, aber auch dort an seinen pazifistischen Idealen fest-
gehalten hatte. Er hatte mancherlei politische Verbindungen und nicht nur
in Frankreich. Er schrieb mir schon am 1. Juli 1909: „‚Über alles das, was
in Berlin vorgeht, bin ich um so mehr traurig, weil ich die geheimen Fäden
kenne, welche hinter den Kulissen gesponnen sind, weil ich den länger schon
gefaßten Entschluß eines mächtigen Faktors kenne, der dermalen noch
fast allmächtig in Deutschland ist. Den Fürsten von Bülow kann niemand
mit Nutzen für den Staat ersetzen, besonders in einer Epoche, in der große
Entscheidungen für die Zukunft der Welt sich vorbereiten. Dii minorum
gentium sind in Deutschland viel auf dem Plan, aber kein Politiker, der dem
Fürsten Bülow gewachsen ist. Das sollte man an gewisser Stelle erkennen,
erschauen.“ Mit dem in Deutschland fast noch allmächtigen Faktor ist
natürlich Wilhelm II. gemeint.
Von mir unbekannter Seite erhielt ich am Tage meiner Abreise aus
Berlin die nachstehenden Verse:
Fürst Bülow.
Er scheidet aus dem Amt, des er gewaltet
Mit kluger Kraft und einer feinen Kunst.
Was er geschaut, gewollt hat und gestaltet,
Hoch ragt es über Launenspiel und Gunst.
Ein ganzer Mensch! Sein Name wird nicht schwinden
Vom Meilenstein der ruhelosen Zeit.
Er, dem selbstmörderisch die blöden Blinden
Den Lorbeer flochten der Undankbarkeit.
Ein Mann des Glücks für seiner Heimat Ehre,
Des Glücks für seines eignen Wesens Art,
So geht er fort in Waffenschmuck und Wehre,
Die Sonne leuchtet seiner Lebensfahrt.