Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

PROTEST GEGEN UNWAHRE ANGRIFFE 53 
habe gelegentlich Briefe von mir, in denen ich meinem Einverständnis 
Ausdruck gegeben hätte, ‚einem Politiker‘ gezeigt. Man zeige mir diese 
Bricle! Sie existieren ebensowenig wie der fragliche Politiker. Ich habe die 
in Rede stehenden Äußerungen Seiner Majestät vorher ebensowenig 
gekannt, wie ich vorher etwas wußte von dein Brief an Lord Tweedmouth, 
von der Verwahrung gegen die Kandidatur des amerikanischen Bot- 
schalters Hill, von der S$winemünder Depesche an den Prinz-Regenten von 
Bayern, von dem Telegramm an den Fürsten von Lippe, von selr vielen 
Reden, von der Hunnen-Rede des Sommers 1900 bis zur Schwarzscher- 
Rede im Manöver 1906. Die gegen mich gerichteten Angriffe enthalten nuch 
andere und zahlreiche Unwahrheiten. So ist es unwahr, daß ich im Juni 
mit der Hoffnung nach Kiel gefahren wäre, Seine Majestät würde mein 
Entlassungsgesuch nicht annehmen. Ich war im Gegenteil mit Rücksicht 
auf die innerpolitische Lage fest entschlossen, auf meinem Abschiedsgesuch 
zu bestehen. Ohne auf andere, geringlügigere Einzelheiten einzugehen, will 
ich nur noch einen Punkt hervorheben, nänılich die Behauptung der 
‚Kreuz-Zeitung‘, ich hätte das Vertrauen Seiner Majestät nur noch ‚ofliziell‘ 
besessen und es auch nicht wieder zurückgewonnen. Seine Majestät hat 
zweimal mein Entlassungsgesuch unter Betunung seines Vertrauens zu mir 
abgelehnt. Er hat nach der eingehenden Rücksprache, die ich im März mit 
ihm hatte, mich in der gnädigsten, herzlichsten und wärmsten Weise seines 
vollen und unerschütterlichen Vertrauens versichert. Er hat sich wiederholt 
zu Tische bei mir angesagt, mich besucht, mich nach Potsdam eingeladen, 
in Berlin, Potsdam, Wiesbaden usw. in der gnädigsten freundschaft- 
lichsten Weise mit mir verkehrt. Er hat mich und meine F'rau, als er von 
uns Abschied nalım, eingeladen, zum Geburtstag Ihrer Majestät der 
Kaiserin nach Potsdam zu kommen. Er hat mir wiederholt (zu meinem 
Geburtstag am 3. Mai, vor seiner Abreise zur Begegnung mit dem Kaiser 
von Rußland und noch nach der Ablehnung der Erbschaftssteuer) im 
herzlichsten Tone und in einer Weise telegraphiert, die keinen Zweifel ließ 
an seinem Wunsch, daß ich im Anıte bleiben möge. Er hat, als ich in Kiel 
um meine Entlassung bat, die innere und auswärtige Lage wie die Wahl 
meines Nachfolgers freundschaftlich mit mir durchgesprochen. In welchem 
Lichte erscheint Seine Majestät, wenn das alles Komödie war. Ich habe nach 
meinem Rücktritt keinen anderen Wunsch, als jedes Hervortreten in der 
Öllentlichkeit zu vermeiden und ein friedliches und unabhängiges Leben 
zu führen. Ich habe aber das Recht, zu verlangen, daß derartigen nieder- 
trächtigen Verleumdungen entgegengetreten wird, die sich gegen die Ehre 
eines Mannes richten, der unter schwierigen Verhältnissen und nicht ohne 
Eriolge zwölf Jahre Minister und neun Jahre Reichskanzler war. Wohin 
soll es führen, wenn diese Verleumdungs-Kampagne weitergeht, wenn ich
	        
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