BETIIMANN AKKOMMODIERT SICH 55
Ausharren in seinem verantwortungsvollen Amt seine vornehmste Pflicht
sei, daß dahinter alle anderen Erwägungen zurücktreten müßten, und er
könne vllenbar nur bleiben, wenn er sich Seiner Majestät „akkomınodliere*.
Beihmaun Hollweg benahm sich also nach der zweifellus wahrlieitsgetreuen
Schilderung des redlichen Hauptmanns Schwartzkoppen gerade so, wie er
sich später in der Frage der belgischen Invasion, gegenüber der. Frage des
U-Boot-Kriegs und in vielen anderen schwerwiegenden Fragen benehmen
sollte. Er beschloß auch, dem Rate Flotows folgend, meinen Brief nicht
schriftlich zu beantworten, sondern den Chef der Reichskanzlei, den
Geheimrath Wahnschaffe, nach Norderney zu entsenden, um mich von
einer öffentlichen Stellungnahme gegen die, wie Herr von Bethmann
natürlich wohl wußte, von Seiner Majestät direkt oder indirekt inspirierten
Verleumdungen der „Märkischen Volkszeitung“ und der „Kreuz-Zeitung“
abzuhalten.
Wahnschaffe traf nicht lange nachher in Norderney bei mir ein. Dieser
Beamte hat sich zu meinem Bedauern später während des Weltkrieges
durch seine Schwenkung in der Polenirage wie durch sein Verhalten in der
Abdankungsfrage begründetem Tadel ausgesetzt. Ich muß aber anerkennen,
daß er die ihm von seinem Chef übertragene Mission nach Norderney
loyal und anständig ausführte. Er sagte mir freimütig, es sei eine schr
starke Zumutung, die an meinen Patriotismus und meine monarchische
Gesinnung gestellt würde. Er sei aber überzeugt, daß ich als guter Preuße
dem Vaterland und dem Herrscherhause jedes Opfer bringen und von einer
öffentlichen Erklärung in der Presse oder gar einer gerichtlichen Klage
Abstand nchmen würde. Bethmann, der inzwischen nach Berlin zurück-
gekehrt war, schien hocherfreut über meine Selbstüberwindung. Er schrieb
mir sogleich, in allerdings etwas gewundener Weise: „Sehr verehrter Fürst!
Wahnschaffe berichtete mir soeben über die Ausführung seines Auftrages
bei Eurer Durchlaucht. Zuvörderst freue ich mich, von ihm zu hören, daß
Eurer Durchlaucht die Form der mündlichen Beantwortung Ihres
Schreibens vom 28. v. M. genehm gewesen ist. Daß die ernsten Besorgnisse,
die ich an die Eventualität eines Vorgehens Eurer Durchlaucht, sei esin der
Presse, sei es durch Beleidigungsklage, knüpfen zu müssen glaubte, nur ein
Reflex der Anschauungen sind, in denen Eure Durchlaucht dem Wohl des
Landes und der Krone dienen, war mir keinen Augenblick zweifelhaft
gewesen. Und ebenso wollen Eure Durchlaucht versichert sein, daß Ihr
Verlangen nach schleunigstem Abschluß dieser für Sie, für das Land und
für die Krone gleich schweren Angelegenheit bei mir überzeugteste Zu-
stimmung findet. Wenn ich zunächst und wie ich hoffe nicht ganz ohne
Erfolg bemüht gewesen bin, einen nicht unwesentlichen Teil der Presse zum
Schweigen zu bringen, daneben auch maßgebenden Politikern die Augen
Wahnschaffes
Mission