26 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie.
von der Altstadt in die Neustadt geführt haben. Der Palast der Vor-
gänger des Nebukadnezar lag in der Altstadt und war von drei Mauern
umgeben, deren erste 1½, die zweite 1, die dritte ½ deutsche Meile im
Umfange hatte, also eine große Festung oder Citadelle innerhalb der
Hauptstadt. Hier war auch der Tempel des Bel mit seinen Vorhöfen
und Priesterwohnungen, ein Viereck, dessen Seiten je 600 Fuß maßen;
auf ihm erhob sich der berühmte Thurm in 8 Stockwerken oder Terrassen,
jede von geringerem Umfange als ihr Unterbau, bis 700 Fuß (nach
anderen Angaben bis 800; bekanntlich varliren noch heute die Angaben
der Höhen der Münsterthürme), war also jedenfalls das höchste Bau-
werk, welches Menschenhände je errichtet haben. Im obersten Stockwerke
befand sich das eigentliche Heiligthum des Bel (Baal), ohne Bild, mit
einem goldenen Tische und Ruhebette für den Gott. Mit dem Schlosse
des Nebukadnezar, das er sich in seiner Neustadt gebaut hatte, waren
die hängenden Gärten der Semiramis verbunden, gleich den großen
Stadtmauern eines der sogenannten acht Weltwunder. Nach den Be-
richten der Babylonier wurden diese auf gemauerten Terrassen angelegten
Gärten von Nebukadnezar ersonnen und ausgeführt, der damit seiner
Gemahlin, welche eine Mederin und daher an den Anblick von Bergen
und Wäldern gewöhnt war, einen Gefallen erweisen wollte. Diese
Bauten wurden aus Backsteinen aufgeführt (denn das ebene Babylon
hat keine Steinbrüche, Quadersteine zu Wasserbauten mußten aus großer
Ferne herbeigeschafft werden), die selbst wieder verschiedener Art sind.
So war die Mauer z. B. aus Backsteinen gebaut, die an der Sonne
getrocknet wurden (dieses Baumaterial wird jetzt wieder, namentlich in
Frankreich, unter dem Namen Pise angewandt); der Kitt bestand aus
Erdbarz, einem in Babylon reichlich vorhandenen Stoffe. Man verstand
es jedoch ganz gut die Backsteine zu brennen, zu glasieren und mit
einem so festen Mörtel zu verbinden, daß man noch jetzt keinen ganzen
Ziegel herausbrechen kann. Mit solchen gebrannten glasierten Zicgeln
bekleideten sie die Außenflächen der Mauern (man wird dadurch an den
sogenannten porzellanenen Thurm in Nanking erinnert); sie formten auf
solche Ziegel mannigfaltige Bildwerke und Inschriften, in welchen die
Thaten der Könige zu schauen und zu lesen waren. Die Schlösser, Tempel
und Häuser nahmen indessen bei weitem nicht den ganzen Raum inner-
halb der Stadtmauern ein; Babylon hatte, wie die großen Städte heut
zu Tage, seine öffentlichen Plätze, Lustwälder und Parke, wo sich die
Leute ergehen konnten. Aehnlich mag Niniveh ausgesehen haben, das
sich in einem Umfange von drei Tagreisen an dem Tigris erstreckte, aber
in keinem der alten Geschichtsbücher genauer beschrieben ist; nur der
Schutt, welcher von ihm übrig ist, zeugt von seiner ungeheueren Aus-
dehnung. Auch Niniveh war ein Haupthandelsplatz, welcher den Verkehr