Die westfränkischen (französischen.) Karolinger. 89
von einer Partei zum Gegenkönig erhoben sich nach längerem Kriege
ihm ergab, behandelte er ihn großmüthig und überließ ihm neben dem
Königstitel eine ansehnliche Herrschaft.
Nach Odos Tod wurde Karl II. (mit Unrecht der Einfältige ge-
nannt) 898 König von ganz Frankreich und blieb es bis 929 wenig-
stens dem Namen nach, obgleich er von den Großen bald verlassen,
bald gefangen wurde. Auch er war von karolingischem Ehrgeize keines-
wegs frei, und obgleich er sich gegen die Normannen nicht anders zu
belfen wußte, als daß er ihrem Herzog Rolf seine Tochter und einen
Theil seines Gebietes gab (s. unten), bemächtigte er sich 911 beim
Aussterben des karolingischen Mannsstammes in Deutschland Lothringens,
machte 920 sogar einen Versuch auf das Elsaß, gab es aber bald und 922
auch Lothringen an Deutschland zurück, als sich Odos Bruder, der Graf
Robert von Paris, zum König aufwarf. Dieser blieb zwar 923 in der
Schlacht bei Soissons, doch sein Sohn Hugo gewann einen vollständigen
Sieg und stellte in Rudolf I. von Burgund einen Gegenkönig auf,
während Karl der Einfältige von dem Grafen Heribert von Vermandois
gefangen gehalten oder scheinbar freigelassen mit herumgeführt wurde,
bis er 929 starb.
Die Grafen Huge von Paris und Heribert von Vermandois er-
hoben 936 Karls des Einfältigen Sohn Ludwig IV., „Uebermeer“ (Tou-
tre-mer) genannt, weil er in England erzogen war, gegen den Bur-
gunder Rudolf zum König; derselbe konnte jedoch trotz seiner Tüchtig-
keit die großen Vasallen nicht mehr überwältigen, ward vielmehr selbst
nach anfänglichem Glücke von ibnen verrathen, vollständig gedemütbigt
und starb 954. Auch sein Sohn Lothar (954—986) machte ebrenwerthe
aber fruchtlose Anstrengungen zur Wiederberstellung der königlichen Würde,
und ebenso mißlang ihm zuletzt die Eroberung Lothringens, obwohl er
Aachen weggenommen hatte und bis an den Rhein vorgedrungen war.
Der deutsche Kaiser Otto II. vertrieb ibn aus Lothringen mit Ueber-
macht, eroberte Laon, Soissons und Paris, und obwohl er später an
der Aisne und Maas von Lothar wieder geschlagen wurde, fand dieser
doch für gut 980 jene Ansprüche aufzugeben.
Hugo Kapet (987).
Lothar starb 986 und ihm folgte sein Sohn Ludwig V. der Faule,
der ihn aber nicht volle zwei Jahre überlebte. Noch war ein Karolinger
Üübrig, Lothars Bruder Karl, der als deutscher Vasall (er stammte mütter-
licherseits von Heinrich l. dem Sachsen ab) Niederlotbringen verwaltete,
allein der Graf von Paris, Hugo Kapet, ließ sich durch seine Leute
(987) zum König ausrufen, belagerte Karlun in Laon, brachte ihn durch
Verrath in seine Gewalt und ließ ihn im Thurme (991) sterben;