Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

98 Das heilige römische Reich deutscher Nation. 
Beispiel ihrer Bekehrung mußte auf ihre Stammgenossen in der Heimath 
einen mächtigen Einfluß äußern. 
Krieger und Seefahrer. 
Northmannen, Heidenmannen nannten die Deutschen die Bewohner 
der skandinavischen Länder, und weil die Dänen die zahlreichsten waren, 
so erscheint ihr Name häufig als Gesammtname für die aus den nörd- 
lichen Gegenden kommenden Raubschaaren. Die Geschichte dieser nord- 
germanischen Stämme reicht nicht über die Zeit hinaus, in welcher sie 
mit den südlichen Völkern, den deutschen und romanischen, zusammen- 
stoßen, denn von früheren Raubzügen haben sich kaum einige Nachklänge 
erhalten (z. B. von Swarans Kampf mit Fingal in den sogenannten 
Liedern Ossians). Sie erscheinen den alten Germanen, wie diese Ta- 
citus schildert, in den meisten Beziehungen sehr ähnlich. Sie sind hohen 
und starken Körperbaues, gegen Kälte und Nässe fast unempfindlich, 
leben unter Königen und Edeln, ohne diesen irgend ein Vorrecht einzu- 
räumen, haben keinen Priesterstand, überlassen die Feldarbeiten den Leib- 
eigenen, indem sie nur Krieg, Jagd und Seefahrt des freien Mannes 
würdig halten und alle Beschäftigungen verschmähen, die nicht Werkzeuge 
für jene liefern. Der junge Normanne schälte Linden, aus deren Bast 
Stricke und Decken geslochten wurden, fertigte Bogen, Sehnen und 
Pfeile, lernte den Wurfspeer werfen und die Lanze schwingen, mit dem 
Schwerte fechten und das Kriegsroß tummeln, die Bucht durchschwimmen, 
das 13 Ellen lange Ruder führen und das Boot steuern; denn alle 
Normannen waren als Insel= oder Küstenbewohner auf die Fischerei in 
der See angewiesen, Norweger und Schweden überdies schon durch die 
Unergibigkeit ihres Bodens; die nordischen Meere sind aber durch die 
Strömungen der gewaltigen Ebbe und Fluth, durch Stürme und Nebel, 
Klippen und Sandbänke auch für die Küstenfahrt so gefährlich, daß die 
Fischer, welche sich an diese gewöhnt haben, das offene Meer nicht 
scheuen. Für weitere Fahrten bauten die Normannen Schiffe, die bis 
120 Mann faßten, also ungefähr in der Größe der griechischen zu 
Homers Zeit; sie wurden auch wie diese öfter durch Ruder als durch 
Segel fortbewegt, aber statt breiter, flachkieliger Schiffe, wie sie Griechen 
und Römer bauten, waren die großen normannischen Schiffe („die 
Drachen“) lang und schmal mit tiefem scharfen Kiel, scharfen Hinter- 
und Vordersteven, um Wellen und Strömungen leichter zu brechen und 
schneller zu fahren. 
Religion. 
Im Kampfe mit der wilden nordischen Natur, in den Fehden ihrer 
Häuptlinge und in der Ausübung der Blutrache erstarkten diese nordischen
	        
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