Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

102 Das heilige römische Reich deutscher Nation. 
Ansgar aus, der sich den Beinamen „Apostel des Nordens“ erwarb. 
Aus dem Kloster Korbie in der Pikardie kam er 823 in das von Lud- 
wig dem Frommen gestiftete Korvei an der Weser und widmete sein 
Leben dem Bekehrungswerke. Aus zwölf freigekauften jungen Jüten bil- 
dete er sich Schüler und wagte sich sogar nach Schweden, wo ein be- 
kehrter Vornehmer die erste christliche Kirche baute. Nach seiner Rückkehr 
ward er (833) der erste Erzbischof von Hamburg, und obwohl 845 Ham- 
burg selbst von den Dänen zerstört wurde, so ließ er den Muth nicht 
sinken; er vermittelte den Frieden zwischen dem Dänenkönig Erich I. und 
Ludwig dem Deutschen, wofür ihm jener den Bau einer Kirche in 
Schleswig erlaubte; auch dessen Sohn Erich II. wurde von ihm so gün- 
stig gestimmt, daß eine zweite Kirche zu Nipen erbaut werden konnte. 
Der bl. Ansgar starb 865 und erlebte es nicht, daß seine Aussaat in 
Schweden und Dänemark wieder durch feindliche Fürsten zertreten wurde. 
Uebrigens verhinderte so lange er lebte, auch nach 845, sein Be- 
kehrungseifer die Raubzüge der Normannen keineswegs, welche ja, wie 
wir wissen, von den Karolingern selbst gegen einander gehetzt wurden; 
Lothar I. hatte 841 das erste Beispiel dafür gegeben, ihm ahmten fast 
alle Karolinger ohne Ausnahme nach. Was 845 Hamburg widerfuhr, 
bhatte Rennes, Nantes und Bordeaur schon 842, Bremen 843 erlitten; 
846 wurden die Räuber von den Sachsen blutig zurückgewiesen, nichts- 
desioweniger wagten sie sich 848 nach Geldern, 850 nach Friesland. 
Jetzt erschienen sse in Geschwadern von mehreren hundert Schiffen, 
fuhren in die Flußmündungen ein, und wenn für ihre größeren Schiffe 
die hinlängliche Wassertiefe fehlte, so drangen sie auf ihren leichten 
flachen Booten weiter vor, und ging es auch mit diesen nicht mehr, so 
trugen sie dieselben manchmal über Land auf den Schultern, bis sie 
wieder Fahrwasser fanden. Schweren Raub konnten sie auf diese Weise 
nicht mitschleppen, daher zerstörten sie was brennen und brechen mochte; 
viele Sklaven konnten sie in ihrer rauhen Heimath nicht verwenden, 
Sklavenhändler fanden sich auch nicht immer, welche die Gefangenen 
gekauft hätten, daher mordeten sie schonungslos, selbst die vorher miß- 
handelten Weiber und Jungfrauen; nur ausnahmsweise befabl der eine 
oder andere Häuptling Schonung des wehrlosen Alters und Geschlechts! 
Besonders hatten sie es auf Klöster und Kirchen abgesehen; sie tödteten 
Mönche und Nonnen, und ließen die Gebäude zur Ehre der nordischen 
Götter in Flammen aufgehen. Kirchenstlber war es auch in der Regel, 
mit welchem Könige und Landschaften den Abzug der Räuber erkauften;. 
denn Gold und Kleinode konnten diese am leichtesten fortbringen, sie 
behielten ihren hohen Werth auch in der nordischen Heimath, wo man mit 
ihnen prunkte, sie aber auch oft vor einheimischen Räubern vergrub. 
daher heut zu Tage dort manchmal ein Schatz gehoben wird, der in
	        
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