Kanut der Große. Das anglo-dänische Reich bis 1066. 109
weichen mußte. Die Eroberung Englands durch Kanut bezeichnet dem-
nach zugleich den Triumph der christlichen Religion im Norden, und
eben dadurch das Ende der Wickingerfahrten, der großartigsten See-
räuberei, welche die Welt je gesehen hat.
Kanut war als König des verhältnißmäßig reichen England, als
Oberherr über Schottland und Irland, als König der kriegerischen
Dänen, Schweden und Norweger, unstreitig einer der mächtigsten Herr-
scher seiner Zeit. Dies stolze Bewußtsein zeigte er schon 1026—27, als
er über Deutschland, Burgund und Oberitalien nach Rom pilgerte. Er
übte allenthalben die glänzendste Freigebigkeit, beschenkte den Papst und
die Peterskirche reichlich und verschaffte dem Papste die ihm in England
zukommenden Einkünfte wieder, worauf dieser die Gebühren der höheren
englischen Geistlichen für die päpstliche Bestätigung herabsetzte; den Kai-
ser Konrad II. und den König Rudolf III. von Burgund bewog er zur
Milderung der hohen Wegzölle, welche die nach Rom aus seinen Reichen
wandernden Pilger besonders in den Alpenpässen erlegen mußten. In
Rom wohnte er auch der Kronung Konrads II. bei, wollte aber nun
auch seinerseits den Kaisertitel annehmen, um damit der Welt zu be-
weisen, daß er keinem Herrscher einen Vorrang einräume.
Das anglo-dänische Neich bis 1066.
Kanut starb 1035; der eine seiner Söhne, Sueno, erbte Dänemark
und Norwegen, vermochte jedoch dieses Land nicht zu behaupten, da
Olafs des Heiligen Sohn Magnus von der Nation als König anerkannt
und vertheidigt wurde. Sueno starb bald und sein Bruder Hardikanut,
der England beherrschte, wo ihm ein Halbbruder die Krone bestritten
hatte, starb 1043 in Folge seiner Trunksucht. Magnus von Norwegen
machte sich jetzt zum Herrn Dänemarks (schon nach seinem Tode, 1047,
gab sich Dänemark eine neue Dynastie, die von mütterlicher Seite Kanuts
Stamm angehörte), in England aber bestieg Eduard III., ein Sohn
Ethelreds II. (dessen Wittwe, Emma, Kanuts des Großen Gemahlin
geworden war, aus welcher Ebe Hardikanut und Sueno hervorgingen),
den Thron. Eduard III. war ein schwacher Fürst, der sich von dem
dänischen Grafen Godwin, und als dieser gestorben war, von dessen
Sohn Harald leiten ließ. Bei Eduards III. Tod (1066), als nur noch
ein unmündiger Sprößling (ein Sohn des vor Kanut nach Ungarn
geflüchteten Prinzen Eduard) aus Alfreds des Großen Stamm übrig
war, wählten die Großen jenen Harald zum König, der jedoch seine
Erhebung nur kurze Zeit überleben sollte.