Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Heinrich IV. 141 
auf Baden überging, das in alter Zeit noch kein deutsches Gränz- 
land war. 
Aber auch so waren die Großen noch nicht befriedigt; die Kaiserin 
hatte den Bischof Heinrich von Augsburg, der ihres Mannes Kanzler 
gewesen, zu ihrem Rathe gewählt, und nun verbreiteten die Herren, 
da sie nicht genug Einfluß auf die Regierung ausüben durften, die 
Verleumdung, Bischof Heinrich sei der Buhle der Kaiserin. Endlich 
führten sie ihren Plan, der Kaiserin die Regierung zu nehmen, durch 
einen kühnen Griff aus; der zwölfjährige Heinrich wurde zu einer 
Lustfahrt auf dem Rhein bei Kaiserswerth veranlaßt und nach Köln 
entführt (1062). Die nicht verschworenen Großen wurden damit begü- 
tigt, daß man ihnen Stücke aus dem Reichsgute anwies und erklärte, 
der junge König solle fortan abwechselnd in verschiedenen Gegenden des 
Reiches leben, und der Erzbischof, in dessen Sprengel er sich gerade 
aufhalte, solle die Reichsgeschäfte leiten; von der Kaiserin war keine 
Rede und sie ging darauf in ein italienisches Kloster. Zuerst war 
Heinrich bei Erzbischof Anno von Köln, der ihn strenge erzog und zu 
leidlicher Zufriedenheit regierte. Darauf kam Heinrich aber in das 
Sachsenland zu dem Erzbischof Adalbert von Bremen, der aus ihm ein 
Werkzeug seiner Herrsch= und Rachsucht zu machen gedachte. Zu diesem 
Zwecke erbitterte er Heinrich gegen die Sachsen, deren herzogliche Fa- 
milie von dem Prälaten tödtlich gehaßt wurde, als ob die Sachsen ein 
boshaftes, übermüthiges und barbarisches Volk seien, und andererseits 
ließ er es zu, daß der reichbegabte Knabe, der an seiner weltlichen und 
geistlichen Umgebung fast nur Eitelkeit, Ehr= und Habsucht und Ver- 
käuflichkeit sah, ein lüderliches Leben anfing und sich auf Lebenszeit 
ruinierte; denn so gewann Adalbert dessen Neigung und machte ihn 
unfähig zu selbstständigem Handeln. Ohne die andern Fürsten nur zu 
fragen machte er ihn im 15. Jahre mündig, indem er ihm die Schwert- 
leite verlieh (wehrbar machte). 
Sittenlosigkeit und Gewaltthätigkeit des jungen Königs (1065—1073). 
Nun konnte Heinrich sich ganz seinen Neigungen hingeben; im 
Frühlinge und Sommer reiste er im Reiche herum, Herbst und Winter 
brachte er in Sachsen zu, größtentheils in Goslar oder auf einer der 
Burgen, die er anlegte und mit Ritterschaft versah, um damit die 
Sachsen niederzuhalten, welchen schon Heinrich III. als strenger Herr 
und Franke verhaßt gewesen war. Das Leben des Königs und seiner 
Umgebung war ein lästerliches; als er z. B. auf seinem Reichstag nach 
Tribur ging und in der Pfalz bei Ingelheim einkehrte, trieben es die 
Herren so arg, daß die Bürger sich erhoben und im Aufstande den 
Liebling des Königs, einen Grafen Werner, erschlugen. Der erschrockene
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.