Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Gregor VII. 146 
gefangen, belohnte mit den Gütern sächsischer Herren süddeutsche Ritter 
und kühlte seinen alten Haß; denn Großmuth kannte er nicht, und 
obwohl er den scharfen Verstand seines Vaters geerbt hatte, so war er 
doch viel zu leidenschaftlich, als daß er ihm gefolgt wäre. Sein Streit 
mit den deutschen Fürsten erhielt aber eine neue Wendung durch seinen 
Streit mit dem Payste. 
Gregor VII. (1073—1085). 
Die hirchliche Neformation. Alugny. 
Hildebrand war, seitdem er Leo IX. nach Rom begleitet hatte, sein 
und seiner Nachfolger: Viktors II., Stephans IX., Nikolaus II. und 
Alexanders II. vornehmster Rath geblieben, und unter allen diesen Päpsten 
ging die Reform der Kirche, deren sie so sehr bedürftig war, ununter- 
brochen aber gemessenen Schrittes vorwärts. Sie erneuerten die alten 
Kirchengebote der priesterlichen Ebelosigkeit und eines exemplarischen sitt- 
lichstrengen Wandels und gaben der kirchlichen Disciplin gegen Geistliche 
und Weltliche die alte Geltung wieder, um die sie theilweise gekommen 
war. Namentlich aber richteten sie ihre Anstrengung gegen die Simonie, 
d. h. den Kauf und Verkauf geistlicher Aemter, so genannt von Simon 
Magus, der einst von den Aposteln die Wundergabe hatte erkaufen wollen. 
Das reiche Einkommen der Bisthümer und Abteien lockte Leute an, die 
sonst nicht die geringste Freude an geistlichen Dingen hatten. Be- 
sonders sahen die adeligen Familien darauf, daß ihre füngern Söhne 
mit Stiftsgütern ausgestattet wurden, damit das Stammgut beisammen 
bliebe, und mancher Abt und Bischof solcher Art sorgte mehr für seine 
Verwandten als für das Stift. Die meisten dieser Herren nahmen 
ihren hohen kirchlichen Rang ein, ohne nur studiert zu haben, und 
ließen von den Geschäften der Jagd und des Krieges weg sich als Bi- 
schöfe und Aebte einkleiden. Kein Wunder, wenn sie adeliges Thun 
und Treiben den geistlichen Uebungen vorzogen, die gewohnten Lustbar- 
keiten mehr pflegten als das Hirtenamt, lieber im Kriegslager weilten 
als in der Kirche, und kundiger der Spur des Hirsches folgten als 
Kirchengebote auslegten. 
Die Kaiser belohnten kriegerisches Verdienst und Anhänglichkeit an 
ihre Person am reichlichsten und für sie selbst am wohlfeilsten mit geist- 
lichen Pfründen; es fehlte selbst unter den großen Herrschern nicht an 
Beispielen, daß feile Günstlinge und Schmeichler diese Aemter erhielten, 
und auch im besten Falle verlangte der Kaiser von seinen Bischöfen und 
Aebten Mitwirkung zu seinen politischen Panen, welcher Art diese auch 
sein mochten. Wer Abt und Bischof werden wollte, der mußte sich zu- 
erst die Gunst des Herrschers erwerben und der Weg zu dieser ging 
Bumüller, Mittelalter. 10
	        
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