Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Heinrichs Kampf um die Krone. 151 
waren, während England, Navarra und Aragonien dem paäpstlichen 
Stuhle Zins entrichteten; wäre Deutschland in dieses Verhältniß zu Rom 
gekommen, so hätte sich wohl kein anderes Land mehr gegen eine gleiche 
Abhängigkeit gesträubt. Als Oberlehensherr der Christenheit hätte Gregor 
die Fürstenthümer verliehen, wie Heinrichs Vater und Großvater die 
Abteien, mit dem einzigen Unterschiede, daß die weltlichen Lehen bereits 
erblich waren, während die geistlichen durch kanonische Wahl besetzt wurden. 
Indessen brach diese Spitze der Ansprüche Gregors ab, während die 
Freiheit der Wahlen für die Kirchenwürden gerettet wurde; es lag nicht 
in dem Willen der Vorsehung, weder daß der Kaiser Herr der Kirche, 
noch daß der Papst Herr des Reiches werde. 
Gegenkaiser, Gegen päpste, Gegenherzoge, Gegenbischöfe, Gegen- 
äbte (1080—1103). 
In Deutschland hatte Heinrich durch den Tod des Gegenkönigs viel 
gewonnen; seine Gegner stellten (1081) ihm den Grafen Hermann von 
Salm, einen Luxemburger, entgegen, der aber nicht aufzukommen ver- 
mochte. Auch der Papst fand seinen Gegenpapst in dem Erzbischofe Wi- 
bert von Ravenna, der sich Klemens III. nannte, von den feindlichen 
Bischöfen in Oberitalien gewählt und von Heinrich anerkannt und unter- 
stützt wurde (Juni 1080). In dieser Zeit war fast alles doppelt: zwei 
Päpste, zwei deutsche Könige, zwei Herzoge von Schwaben, Berthold 
und seit 1079 der Hohenstaufe Friedrich, mehrentheils zwei Bischöfe für 
ein Bisthum, zwei Aebte für eine Abtei, der eine von dem Könige, der 
andere von dem Papste aufgestellt; dabei wurde Deutschland, namentlich 
das südwestliche und mittlere, schauerlich verwüstet, und Italien ging cs 
nicht besser, besonders seit dem Jahre 1080, wo Heinrich gegen den 
Papst über die Alpen zog. Im Jahre 1083 drang er bis Rom vor 
und eroberte die leoninische Stadt (Rom auf der rechten Seite der Tiber), 
das folgende Jahr die Stadt bis auf die Engelsburg, in die sich Gregor 
geslüchtet hatte. Der Gegenpapst ließ sich nun in St. Johann im La- 
teran weihen und krönte Heinrich den 31. März in der Peterskirche zum 
Kaiser. Aber der Normanne Robert Guiskard zog mit 6000 Rittern 
und 30,000 Fußgängern, von denen die Mehrzahl Saracenen waren, 
heran; Heinrich war nicht stark genug es mit einer solchen Macht auf- 
zunehmen, und wich. Die Saracenen hausten alsdann in Rom mit 
Mord, Brand und Plünderung wie in einer eroberten Stadt; Gregor 
selbst entfernte sich von Rom zuerst nach Montekasino und von da nach 
Salerno. Hier quälte ihn der Normanne Robert, der sich seine be- 
drängte Lage zu Nutzen machen wollte; den großen Papst aber erlöste der Tod 
am 25. Mai 1085; er erwartete ihn mit rubiger Ergebung und auf 
dem Todbette sprach er die Worte: „ich habe die Gerechtigkeit geliebt
	        
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