Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Der erste Kreuzzug. Peter von Amiens. Urban II. in Klermont. 155 
das Chalifat war in eine Menge Stücke zersprungen. Zuerst machten 
sich die Ommaijaden in Spanien unabhängig, und bald folgten diesem 
Beispiele Aegppten, von wo aus die Fatimiden im 11. Jahrhundert bis 
an den Euphrat und bis Fez herrschten, ferner Tunis, Marokko, wo 
eigene Dynastieen entstanden; also wurde die Macht der Chalifen gegen 
Westen gemindert. In Asien entstanden nacheinander die Dynastieen der 
Thaheriden und Soffariden (Persien), Samaniden (Bokhara, Herat), 
Hamadaniden (Mosul, Aleppo), Dilemiden (Ghilan), endlich die der 
Ghasnaviden, von der Residenz Ghasna oder Ghizni in Alghanistan 
genannt, die unter Mahmud I. (1001—1031) vom kaspischen Meere 
bis an den Ganges gebot. 
Die Chalifen hatten türkische Kriegsleute in Sold genommen, denn 
die ausgewanderten Araber waren verweichlicht wie einst die Perser und 
Parther; die türkischen Soldtruppen wuchsen zu Heeren an und merkten 
es so gut wie einst die Germanen im römischen Dienste, daß sie herr- 
schen könnten, sobald sie nur wollten, Togrulbeg, der Held des türkischen 
Stammes der Seldschukken (von dem Häuptling Seldschukk so genannt, 
der seine Horden nach Khorasan führte und zum Islam bewog; um 
970), wurde von dem Chalifen (1058) zum Emir al Omra ernannt, 
ein Amt, das ihm ungefähr ebenso viele Macht in die Hand gab, als 
das Hausmeieramt den Pipinen; der Chalif behielt den Namen und 
blieb das religiöse Oberhaupt der Moslemin, während die Seldschulken 
Eroberungskriege nach jeder Seite unternahmen und den Griechen fast 
ganz Vorderasien entrissen (türkisches Reich IJkonium oder Nikäa). Auch 
Jerusalem war türkisch (1084; 1096 fiel es in die Hände der ägypti- 
schen Fatimiden) geworden; die Türken waren aber sehr kriegerische und 
fanatische Moslemin und durch sie wurde der Islam abermals den 
Christen furchtbar. 
Peter von Amiens. Urdan II. in Klermont (1095). 
Nun waren die Christen schon seit langer Zeit, von Konstantin dem 
Großen an, gewohnt, an die heiligen Stätten zu wallfahren, wo Chri- 
stus gelebt und gelitten hatte. Jährlich wallten Tausende nach Palästina 
und begeisterten sich auf Golgatha, am Oelberge, an dem hl. Grabe 
und an der Geburtsstätte des Heilandes zu vertrauensvollem Gebet. 
So lange die Araber herrschten, konnten die Christen gegen Erlegung 
eines Zolles fast immer ungestört wallfahren, die rohen Türken dagegen 
beraubten die Pilgrime, tödteten sie wohl gar, mißhandelten Weiber 
und Jungfrauen und bedrückten und plagten die morgenländischen Chri- 
sten. Diese Gräuel sah Peter von Amiens, der mehrere Jahre bei Je- 
rusalem als Einsiedler lebte; er glaubte sich berufen, die abendländische 
Christenheit zum Kampfe gegen die Ungläubigen des Morgenlandes, zur
	        
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