168 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
belagerten die Kreuzfahrer Nikäa und zwangen es nach harter Anstren-
gung zur Uebergabe (Juni 1097).
Balduin, Fürst von Edessa.
Von da zog das Heer unter großen Mühsalen weiter durch Klein-
asien; die armenischen Christen im Taurusgebirge, welche sich nur mit
Mühe gegen die Türken gehalten hatten, freuten sich der unerwarteten
Hilfe sehr und erwählten Gottfrieds Bruder Balduin zum Fürsten, der
mit einer Schaar zurückblieb und in Edessa (Orfa) seinen Sitz aufschlug.
Bosmund, Fürst von Antiochien.
Mit dem Hauptheere, das durch Gefechte, Strapazen und das Zu-
rückbleiben der Ueberdrüssigen schon beträchtlich geschmolzen war, langte
Gottfried vor dem festen Antiochien, der ehemaligen Hauptstadt Spriens,
an. Bei neun Monate lagen die Christen vor der Stadt, die von den
Türken auf das hartnäckigste vertheidigt wurde. Mancher Christ siel
durch Schwert und Geschoß, während der Hunger noch viel mehreren
Kraft und Muth benahm. Endlich eroberten sie die Stadt durch einen
nächtlichen Sturm; ein Christ, dem die Wache eines Thurmes anver-
traut war, hatte ihnen den Eingang geöffnet (Juli 1098). Es war die
höchste Zeit, denn der Hunger hatte die Kreuzfahrer der Verzweiflung
nahe gebracht und bereits stand ein großes feindliches Heer in der Nähe.
Nur drei Tage nach der Eroberung der Stadt wurden sie selbst in der-
selben von dem Emir von Mosul belagert; sie machten aber einen Aus-
fall, besiegten die Türken in einer großen Schlacht und scheuchten sie
weit fort. Antiochien wurde dem Normannen Bobmund als Fürstenthum
übergeben.
Jerusalem erobert (15. Juli 1099). Gottfried, König von Jerufalem.
Hatten die Kreuzfahrer bisher mit Leiden aller Art zu kämpfen ge-
habt, so schienen diese unbedeutend gegen die, welche sie auf dem Marsche
nach Jerusalem auszustehen hatten. Es war im Sommer des Jahres
1099, als die nordischen Krieger in ihren schweren Rüstungen durch die
ausgebrannten Hochebenen Palästinas zogen; Mann und Roß ver-
schmachteten beinahe, bis die heilige Stadt, das ersehnte Ziel, nahe war.
Endlich saben sie (7. Juni.)) Jerusalem vor sich liegen, immer noch wie
eine Herrscherin von ihrer Höhe in das Land hinausschauend, wohlge-
schirmt durch Mauern und Thürme. Dieser Anblick verlieh den Ermat-
teten neue Stärke; mit Jubelruf begrüßten sie die Stadt, Thränen ent-
stürzten ihren Augen und alle dankten Gott auf ihren Knieen, daß er
sie gewürdigt hatte, Jerusalem zu schauen, um es der Gewalt der Ungläu-