Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

6 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. 
bestimmt sind; auch unterhielt er eine starke Flotte, um Italien von der 
See her zu sichern. Im Norden benutzte er die Niederlage der Ale- 
mannen durch den Frankenkönig Chlodewig (496) zur Erwerbung eines 
festen Vorlandes; er nahm die südlichen Alemannen in Schutz und dehnte 
dadurch seine Herrschaft über Rhätien bis Oberschwaben aus. Als Chlo- 
dewig (507) die Westgothen angriff und ihnen ihre sämmtlichen Be- 
sitzungen in Gallien zu entreißen drohte, schritt Theodorich zu Gunsten 
seines Enkels, des jungen Königs Amalarich ein, schlug Chlodewig bei 
Arles und zwang ihn, sich mit dem Gebiete zwischen Loire und Garonne 
zu begnügen; mit seinem Reiche aber verband er den Küstenstrich zwi- 
schen der Rhone und Durance. Fast gleichzeitig bekämpfte er im Osten 
die Bulgaren, welche von dem byzantinischen Kaiser aufgehetzt in Mö- 
sien, die alte Heimath der Gothen, einfielen, und trieb sie über die 
Donau zurück. Theodorichs Herrschaft umfaßte also Italien mit seinen 
Inseln, ein Stück des südlichen Galliens, Rhätien, Noricum, Pannonien, 
Mösien und Dalmatien. 
Unzufriedenheit der Römer. 
Obgleich Italien unter der langen Regierung Theodorichs wieder 
neu auflebte und sich von den Verwüstungen der Barbaren erholte,#so 
blieb den Römern oder Italienern doch die gothische Herrschaft verhaßt. 
Denn die Gothen bildeten eine rohe, der italienischen Bevölkerung, die 
sich bei aller Verkommenheit auf ihre römische Abkunft unendlich viel 
einbildete, aufgezwungene Kriegerkaste; sie waren zudem Arianer und 
konnten auch aus diesem Grunde mit den Römern nicht zu einem Volke 
verschmelzen. Sie lebten als Bauern und Hirten oder standen als 
Soldaten unter den Waffen; in den Städten aber saß fast ausschließlich 
römische Bevölkerung, welche die Barbaren haßte und verachtete und 
die Hoffnung auf Wiederherstellung des römischen Reichs um so weniger 
aufgab, als der oströmische Kaiser, wenn auch nicht die Macht, doch noch 
alle Ansprüche der Cäsaren behauptcte. 
Kaiser Justinus I. verfolgte die Arianer und entriß ihnen ihre 
Kirchen; Theodorich verwandte sich für seine Glaubensgenossen bei dem 
Hofe in Konstantinopel durch eine Gesandtschaft, an deren Spitze er den 
Papst Johannes I. stellte. Dieser bat den byzantinischen Kaiser keine 
Grausamkeit oder Gewalt gegen die Arianer anzuwenden, Justinus I. 
aber lehnte jede Verwendung entschieden ab, behandelte Übrigens den 
Papst mit der größten Auszeichnung. Das erbitterte den Theodorich 
sehr; sein Argwohn, daß die römischen Geistlichen und Vornehmen mit 
dem byzantinischen Hofe im Einverständnisse gegen ihn handelten, ver- 
stärkte sich und reizte chn zur Tyrannei. Der römische Senator Albinus 
wurde eines geheimen Briefwechsels mit Justinus I. angeklagt und als
	        
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