208 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
Gegen Kaiser Friedrich II. trat Ludwig IX. nie feindselig auf, ebenso
wenig gegen dessen Geschlecht, indem er sich namentlich auch an der
Unternehmung Karls von Anjou gegen Neapel nicht betheiligte, wohl
aber ergriff er zweimal für die Sache der orientalischen Christenheit die
Waffen und starb in diesem Kampfe vor Tunis 1270. Er hinterließ
seinem Sohne Philipp III ein schönes wohlgeordnetes Königreich, dessen
Macht jeder andern europäischen gewachsen war, sich aber nothwendig
gegen England kehren mußte, dessen König den größten Theil des west-
lichen Frankreich besaß und dafür dem französischen König als Basall
verpflichtet war, welches Verhältniß beiden Königen gleich zuwider
sein mußte.
Einundzwanzigstes Kapitel.
England von Wilhelm dem Eroberer bis König Johann ohne Land
(1066—1216).
Schlacht bei Hastings (14. Okt. 1066).
Der Herzog Wilhelm von der Normandie hatte während seiner
Minderjährigkeit eine harte Schule durchgemacht, denn seine Verwand-
ten, die ihre Besitzungen auf seine Kosten vergrößern wollten, bedrohten
selbst mehrmals sein Leben, und der König von Frankreich, sein Ober-
lehensherr und Beschützer, bestrebte sich, die Normandie stückweise an
die Krone zurückzubringen. Von solchen Gefahren umgeben entwickelte
sich Wilhelm zu einem der schlauesten und gewaltthätigsten Fürsten, so
wie zu dem erprobtesten Heerführer seiner Zeit. Zuerst deckte er die
Normandie durch ein Bündniß mit dem mächtigen Grafen von Flan-
dern, dessen Tochter Mathilde er heirathete, dann schlug er 1054 den
König von Frankreich und nöthigte ihn zur Herausgabe der Pläzee,
welche dieser ihm früher entrifsen hatte.
Seine Ansprüche auf England gründete Wilhelm auf den angek-
lichen letzten Willen des Königs Eduard III. (s. S. 109), dem gemäß
er, der Normanne, zum Nachfolger bestimmt worden sei. Als reicher
und kriegsberühmter Fürst fand es Wilhelm nicht schwer, zu seinen
französisch-normannischen Kriegern noch eine große Anzahl flandrischer
und niederdeutscher Ritter unter seine Fahnen zu versammeln, so daß
er im Herbste 1066 ein Heer von 60,000 Mann an der Südküste Eng-
lands landen konnte. Am 14. Oktober gewann er durch seine überlegene
Reiterei die blutige Schlacht bei Hastings gegen König Harald, der
selbstt umkam, wodurch der Widerstand der Angelsachsen Zusammenhang
und Leitung verlor, daher Wilhelm sich im Dezember zu London als