Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

226 Das heilige römische Reich deutscher Nation. 
dehnung der christlichen Reiche in Spanien kamen die Europäer mit 
den Arabern nicht bloß in den Verkehr des Krieges und Handels, 
sondern insbesondere lernten sie auch arabische Kunst und Wissenschaft 
kennen. 
Die füdischen Schulen. 
Das Judenthum spielte gewissermaßen auch hierin eine vorbereitende 
Rolle. Nach der Zerstörung Jerusalems hatten jüdische Schulen und 
Akademien (Jamnia, Tiberias, Lydda, Cäsarea, Sora, Nehardea, Ale- 
randrien) die geistige Einheit der unter alle Völker verschlagenen Juden 
zu vermitteln gesucht, während die geistige Bewegung, zu der die belle- 
nische Philosophie den Anstoß gegeben, in Asien fortdauerte. Während 
hier die christliche Wissenschaft wie das Christenthum überhaupt in Folge 
politischer Stürme und innerer Zerrüttung theils unterging, theils ver- 
knöcherte, wurde dem Judenthum durch die Herrschaft der Chalifen kein 
Hemmschuh angelegt, vielmehr kam gerade durch die Wechselwirkung 
zwischen dem jüdischen und arabischen Geiste die Glanzperiode der Geo- 
näer (von Gaon, einem Ehrentitel der jüdischen Schulvorstände von 
Sora und Pumbeditha), die bis 1000 n. Chr. dauerte. In Italien, 
namentlich zu Bari, Otranto, in Rom selbst waren jüdische Schulen und 
Schriftsteller sehr früh zu finden, mit den Mauren aber drangen Schulen 
und Akademien nach Spanien, von da bald nach Frankreich und ins 
deutsche Reich und wurden Vermittler zwischen jüdisch-arabischer und 
abendländischer Bildung. 
Die Wissenschaft und Kunst der Araber. 
Während aber die jüdische Wissenschaft ihren vorherrschend theo- 
logisch-philosophischen Charakter bewahrte, warf sich die arabische vor- 
zugsweise auf die empirischen Wissenschaften. Letzteres konnte in Folge 
der Religion Mohammeds, deren begeisterte und thatendurstige Jünger 
die Söhne Arabiens ja waren, gar nicht anders sein. Der Koran er- 
laubt keine spekulativen Untersuchungen über die höheren Dinge, wie sie 
den Griechen so vielfach beschäftigten; er hat überall eine Antwort und 
noch öfter ein Verbot; von den Philosophen der Griechen konnte die 
Araber nur Aristoteles ernsthaft beschäftigen, weil er das Gebiet der 
Religion wenig betritt, Platon dagegen mußte die ächten Jünger des 
Koran um so mehr zurückschrecken, je vielfacher die Beziehungen dieses 
Philosophen zu dem alten Götterglauben der Griechen und Orientalen 
sind. Der Koran verbietet ferner die Politik, denn er schreibt den Gläu- 
bigen ihre Verfassung vor und jede Abweichung von derselben ist Ketzerei; 
er verschließt ferner beinahe das ganze Gebiet der Aesthetik, weil er in 
den Schöpfungen der Malerei und Plastik Vermessenheit sieht, welche
	        
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