Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Aufhebung der Sklaverei. Aufhebung oder Milderung der Leibeigenschaft. 237 
Die Knechtschaft in der Gestalt der Leibeigenschaft wurde jedoch im 
Mittelalter nur theilweise aufgehoben. Die Kirche war in mehrfacher 
Hinsicht die Beschützerin der Leibeigenen. Nach den Kirchengesetzen sollte 
der Bischof durch sein Ansehen die Leibeigenen seines Sprengels vor 
grausamer Behandlung und Bedrückung schirmen; die Kirche bestrafte 
den Herrn, welcher seinen Knecht ohne Gericht tödtete; sie verbürgte den 
Leibeigenen christliches Eherecht und vertheidigte unter allen Umständen 
die Giltigkeit der Ehen der Leibeigenen. Die Leibeigenen der Kirche 
wurden vor den kirchlichen Gerichten als Zeugen auch gegen Freie zu- 
gelassen. Ueberdies verwandelten viele geistliche Herren die Leibeigenen 
in freie Dienstleute und gingen den weltlichen mit gutem Beispiele voran. 
Die Handwerker waren ursprünglich Leibeigene. Bei einem großen 
Herrenhof war auch eine Gebäulichkeit, in welcher leibeigene Mägde 
für die Herrschaft spannen, woben, färbten u. s. w.; in einer andern 
arbeiteten der Wagenmacher, der Schmid, der Schuster 2c., wobei ein 
Meister die Arbeit seiner Gehilfen überwachte, während der Vogt des 
Gutsherrn oder dieser selbst befahl, richtete und strafte. Die Einfälle 
der Ungarn und Normannen, noch mehr aber die einheimischen Kriege 
machten es rathsam, den einen und andern solchen Herrenhof mit Mauern 
und Graben zu umgeben; bei großen Klöstern und Bischofssitzen war 
dies um so nothwendiger, weil die Kirchenschätze die Raubgier am mei- 
sten anlockten. Daher entstanden um die Bischofssitze und Abteien die 
ältesten Städte in Deutschland, wie sich auch an die Burgen der großen 
weltlichen Herren Städte anschloßen, in welchen die Dienstleute Sicher- 
heit gegen feindliche Ueberfälle und Raubzüge fanden. Nach wie vor 
war der Landbau das Hauptgeschäft der Einwohner, und arbeiteten die 
Handwerker für den Bedarf der Herrschaft. Diese fand es aber einträg- 
licher, wenn sie von Bauern und Handwerkern eine bestimmte Abgabe 
verlangte und den Mehrerwerb ihnen überließ, denn das verhältnißmäßig 
sichere Leben innerhalb der Stadtmauern lockte Ansiedler herbei, welche 
für die Erlaubniß, auf dem herrschaftlichen Boden Häuser zu bauen und 
ihr Geschäft zu treiben, einen jährlichen Zins entrichteten, wodurch sich 
das Einkommen der Herrschaft beträchtlich vermehrte. Die Städte wur- 
den die natürlichen Marktplätze für die Umgegend, weil die Vorräthe 
von Waaren aller Art innerhalb der Stadtmauern vor großen und kleinen 
Räubern sicher waren, und die Handwerker für den Bedarf an Geräthen, 
Werkzeugen und Kleidungsstoffen besser und billiger arbeiten konnten, 
als auf dem offenen Lande. Die kirchlichen Feste in Bischofs= und 
Klosterstädten zogen immer eine Menge Volks aus nah und fern herbei, 
daher schloßen sich an die Feste Märkte an und wurden diese selbst Messen 
genannt, weil ihr Beginn durch einen feierlichen Gottesdienst bezeichnet 
war. Die Leibeigenschaft der Stadtbewohner oder Bürger war unver-
	        
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