254 Deutschland und Ztallen sinken.
da verbot er durch eine Bulle (Clericis laicos), bei Strase des Bannes,
die Besteuerung der Geistlichkeit, wodurch beiden Königen ein Haupt-
mittel zum Kriegführen abgeschnitten war. Aber Philipp antwortete dar-
auf mit einem Verbot der Ausfuhr des Goldes und Silbers, wodurch
er dem Papste sein beträchtliches Einkommen aus Frankreich entzog.
Einige Zeit schienen beide Theile zu einer Aussöhnung geneigt; als
aber Philipp den Zehnten für einen Kreuzzug nahm und denselben zu
dem flandrischen Kriege verwandte und von dem Kirchengute noch mehr
als früher erhob, schritt der Papst abermals ein. Nun berief Phbilipp
die Stände seines Reichs, zu denen auch die Abgeordneten der Stärte
gebörten, ließ ein unterschobenes päpstliches Schreiben vorlesen, erklärte
ihnen, der Papst wolle sich zum Oberherrn über Frankreich aufwerfen,
und die Stände bestärkten einstimmig den König in seinem Widerstande,
sagten ihm auch ihre ganze Unterstützung feierlichst zu (1302). Der
König untersagte hierauf nicht nur die Ausfuhr der edlen Metalle aufs
neue, sondern verbot jedem Unterthanen das Reich ohne seine Erlaubniß
zu verlassen, wodurch die meisten Bischöfe und Aebte von der Tdeil-
nahme an dem Koncil, das der Papst nach Nom ausgeschrieben hatte,
abgehalten wurden.
Dagegen erließ der Papst im November 1302 eine neue Bulle
(„Unam sanctam"“), in welcher er die Stellung der Kirche der welt-
lichen Gewalt gegenüber im Geiste Gregors VII. und Innocenz III.
ausführlich darlegte, und bannte jeden, der einen nach Rom Reisenden
oder Zurückkehrenden belästigen würde. Darauf berief der König die
Reichsstände wieder im März 1303, und hier wurde der Papst aller
möglichen Verbrechen, der Ketzerei, der Unzucht, Zauberei u. s. w. an-
geklagt; die Stände waren abermals für den König, appellierten an ein all-
gemeines Koncil und einen rechtmäßig erwählten Papst. Bonifacius leistete,
als ihm die Anklagen hinterbracht wurden, den Reinigungseid, entzeg
Frankreich seine kirchlichen Privilegien, belegte es mit dem Interdikte
und sprach die Franzosen in dem kurz vorher annerirten Lvon, Arles 2c
von dem Eide der Treue gegen den König los.
Aber alles dies verfing nicht und der König führte gegen den Papst
einen bisher unerhörten Schlag. Er schickte nämlich seinen Kanzler, den
gewandten von ihm geadelten Wilhelm de Nogaret, nach Italien, an-
geblich um mit dem Papste zu unterhandeln. Nogaret warb aber in
Verbindung mit der Familie Kolonna, die mit dem Papste verfeindet
war, einen Haufen Söldner und überfiel den Papst in Anagni. Sie
verlangten von ihm Satisfaktion für die Kolonnas und seine Abdankung.
Der achtzigjährige Bonifacius weigerte sich standhaft; nun brauchten sie
Gewalt, rissen den im vollen Ornate auf dem Throne Sitzenden her-
unter, Kolonna schlug ihm ins Gesicht, die Söldner aber plünderten den