Der Hussitenkrieg. 293
Tabortten und Kalirtiner.
Unterdessen trieb es der Prager Pöbel unter einem ehemaligen
Mönche Johann von Zelan bis zum praktischen Kommunismus und be-
berrschte Prag, bis sich der Magistrat ermannte, den Zelan köpfen ließ
und den Aufstand des Pöbels blutig unterdrückte (März 1422). Wäh-
rend nun in Deutschland das Kreuz gepredigt wurde, die Fürsten ab-
wechselnd Landtage hielten und einander bekriegten, schien Böhmen in
sich selbst zu zerfallen; die Prager erwählten den Großfürsten Witold
von Lithauen zu ihrem Könige, der ihnen den Prinzen Sigmund Kori-
but als provisorischen König zuschickte; so viel bewirkte der Haß gegen
die Deutschen, daß sich die Böhmen lieber einem noch halbheidnischen
aber slavischen Volke anschloßen. Der Adel wollte jedoch den Koribut
nicht, der Karlstein vergebens belagerte, Ziska wollte noch weniger zu-
rücktreten, und als sich Sigismund mit dem polnischen Könige versöhnte,
wurde Koribut von diesem zurückgerufen. Aber nun brachen neue Un-
ruhen in Prag aus, die bald zu einem förmlichen Kriege der Taboriten
gegen die Prager und den Adel, die Kalirtiner, erwuchsen, ein religiös-
gefärbter Kampf der Demokraten und Aristokraten (1423 und 1424).
Die Taboriten siegten unter Ziska den 20. April bei Horszicz in blutiger
Schlacht, verwüsteten die Güter der Kalirtiner und hatten Mannschaft
genug, um ein Heer zu entsenden, das Oesterreich bis Stockerau und
Krems verwüstete. Hierauf erschien der Lithauer Koribut abermals, und
jetzt war der Adel für, aber Ziska um so entschiedener gegen ihn. Bei
Kostelecz gewann er abermals die Schlacht und bedrohte Prag mit Zer-
störung; dem Hussiten-Theologen Rockpczana gelang es jedoch die Par-
teien zu versöhnen, und Ziska zog friedlich im September in Prag ein.
Er starb den 12. Oktober 1424, über 70 Jahre alt, auf einem Feldzuge
nach Mähren gegen Herzog Albrecht von Oesterreich, Sigismunds
Schwiegersohn. Der fürchterliche Ziska, der größte Feldherr seiner Zeit,
wurde in der Hauptkirche von Czaslau begraben; später ließ Ferdinand II.
seine Gebeine herausnehmen und unter einem Galgen verscharren; seine
Keule, mit der er manchen Priester durch einen Schlag auf die Tonsur
getödtet hatte, wird noch gezeigt.
Die beiden Prokope (1424—1434). Verwüstungszüge der Hufssiten.
Nach Ziskas Tode wurde die Parteiung unter den Hussiten noch
größer; die Taboriten folgten dem Oberbefehle des von Ziska empfoh-
lenen Prokopius, der große, oder weil er ehemals Mönch gewesen, der
geschorene genannt; von ihnen trennten sich die heftigeren, die sich Waisen
nannten (Orphaniten) und den kleinen Prokopius zum Anführer hatten;
eine dritte Partei waren die Horebiten, diese hatten zum Haupt den