Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Spanien. 
Einklang zu bringen. Diesem stolzen Volke werde ich, wie ich schon bei einem 
nicht minder feierlichen Anlasse als dem heutigen gesagt habe, niemals mich 
aufdrängen; aber niemals auch soll dieses Volk mich beschuldigen, den Posten, 
den ich nach seinem Willen einnehme, im Stiche gelassen oder die Pflichten, 
welche die Verfassung mir auferlegt, hintangesetzt zu haben. Diese Pflichten 
werde ich vielmehr mit der Loyalität und Ausdauer zu erfüllen wissen, welche 
ich der Ehre meines Namens schuldig bin.“ 
Rios Rosas, der ministerielle Candidat, wird mit 168 gegen 84 
Stimmen zum Präsidenten der Deputirtenkammer gewählt. 
25. April. Marschall Serrano wird vom König zum Generalissimus der 
29. 
gegen die aufständischen Carlisten aufgebotenen Truppen ernannt und 
geht sofort nach Navarra ab. 
„ Marschall Serrano beginnt seine Operationen gegen die Carlisten 
von Tafalla in Navarra aus. 
2. Mai. Don Carlos zieht, von General Rada empfangen, in Vara ein 
und erläßt zwei Proclamationen, von denen die eine an das spanische 
Volk, die andere an die Armee gerichtet ist: 
„Spanier! Ich bin in eurer Mitte. Ich will mein Leben eurem Elück 
weihen, Spanien weiß es, die ganze Welt weiß es mit ihm. Die Grundsätze, 
welche auf mein Banner eingeschrieben wurden, sind allbekannt, so daß ich sie 
feierlich für proclamirt halten kann. Es sind dieselben heiligen Principien, 
die uns einst so hohen Ruhm gebracht und uns allüberall Hochachtung ver- 
schafften. Ihr alle seid die Opfer einer kühnen Minderheit, die euch das Joch 
eines Fremden auferlegte. Ich komme, um euch zu retten, um eure Wohl- 
fahrt, eure Schwerkraft in der Welt und eure nationale Unabhängigkeit zu ver- 
mehren. Jeder Blutstropfen, den man vergießen wird, ist eine Wunde, die 
man meinem Herzen zufügt; denn mein Herz ist eins mit dem eurigen und 
eins mit dem Vaterlande. Spanier! Der König ruft euch alle, ohne Aus- 
nahme, auf daß ihr euch um das nationale Banner schaart. Unsere Ahnen 
schrieben in seine Falten: Mit Gott für König und Vaterland. Beugen wir 
unser Haupt vor Gott, ehren wir seine Priester und Altäre, und Gott wird 
uns Muth verleihen, um unser Unternehmen mit Heil zu krönen! Einen 
wir uns unter dem Nufe: „Nieder mit den Fremden!“ und das Gebrüll des 
spanischen Löwen wird die Männer der Revolution, wird die Schleppträger 
Italiens erschrecken. Spanier! Kommet alle zu mir, und wenn ihr kommt 
und wenn ihr einig seid, so wird es eurem König ein Leichtes sein, euch den 
Frieden, die Fülle, eure Gerechtigsame (fueros) und die wahre Freiheit zu 
verleihen. Carlos.“ 
„Soldaten! Durch vierzig Generationen habt ihr vom Vater auf den 
Sohn, als tapfere Soldaten und Spanier, das heilige Feuer der Unabhän= 
gigkeit bewahrt, mit eurem edlen Blute schriebt ihr tausend heldenmüthige 
Thaten von. Sagunt bis Baylen in die Blätter der Geschichte ein. Und nicht 
auf der Halbinsel allein habt ihr euch mit Nuhm bedeckt; denn ihr führtet 
das lorbeerumkränzte spanische Banner von Otumba bis nach Lepanto. Da- 
mals waren die Könige wirkliche Herzoge, und der grobe Mantel des Sol- 
daten war ein Adelstitel. Diese Zeiten sind nicht mehr. Die Revolution er- 
niedrigte eure Tugenden und verwandelte euch in Söldlinge im Dienste ge- 
meinen Ehrgeizes. Heute, nachdem der spanische Stolz verloren gegangen, 
nachdem die Disciplin gelockert und die Wahrheit verkannt worden, seitdem 
der Verrath triumphirt und der Wuthschrei, den unsere Väter aus den Tiefen 
ihrer Gräber ausstoßen, ungehört verhallt, heute duldet ihr das Joch des 
Fremden, heute weht euch eine Fahne voran, die nicht mehr das Banner der
	        
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