304 Deutschland und Italien finken.
den Glauben ihrer Eltern durch eine wohlberechnete Erziehung verges-
sen und fanatische Moslemin werden mußten. Die Reiterei der Spa-
his wurde ebenfalls von ihm in das Leben gerufen; der Spahi, der mit
dem Sultan (Padischah) einen glücklichen Feldzug gemacht hatte, erhielt
von dem Sultan ein Lehen (Timar), das ihn verpflichtete zu Pferre
auszuziehen, so oft es der Sultan gebot. Dieses Lehen war aber nicht
erblich; die Söhne des Spahi mußten sich erst Lehen durch Kriegsdienste
verdienen, und dann stand es bei dem Sultane, ob er einem von ihnen
das Lehen des Vaters gab und nicht alle mit neu eroberten beschenkte.
Krieg mußte deßwegen das Losungswort aller Spahisöhne werden, denn
nur durch den Krieg kamen sie in den Besitz von Leben und damit in
den Genuß von Reichthum und Lust, und wären die Sultane den Grund-
sätzen Orchans und seiner ersten Nachfolger treu geblieben, so hätten sie
Jahr für Jahr eine Generation junger Krieger gegen die benachbarten
Länder loslassen müssen.
Die Türken in Europa (1350).
Murad I. (1359—1389).
Orchans Sohn Solpman setzte 1356 über den Hellespont zum er-
stenm ale in der Absicht, in Europa eine dauernde Eroberung zu machen.
Ein Erdbeben hatte die Mauern der Städte am Hellespont umgeworfer,
ein furchtbares Ungewitter tobte, als er Gallipoli erstürmte, den Schlüf-
sel des Hellesponts. Seitdem zogen immer frische Schaaren herüber nach
Europa; Murad l. (1359—1389) eroberte schon die zweite Stadt des
byzantinischen Reiches, Adrianopel, 1361, und machte es zur Sultan-
stadt; 1386 fiel auch Thessalonika, die dritte Stadt des Reiches, in seine
Gewalt und so umspannte er mit seiner Herrschaft Konstantinopel in
einem weiten Bogen und schnitt es auf der Landseite von der Christen-
heit ab; Murad eroberte auch den größten Theil von Vorderasien, in-
dem er die kleinen türkischen Reiche unterwarf.
Er vervollkommnete die von Orchan eingeführten Janitscharen, die
bis in die neueste Zeit ein gefürchtetes, in früheren Jahrhunderten ein
unüberwindliches Fußvolk waren. Gefangene Christenknaben wurden
vorzugsweise für dieses Korps bestimmt; von Zeit zu Zeit wurden auch
die Kinder der unterworfenen Christen gemustert und die schönsten und
stärksten Knaben weggenommen; das war gewissermaßen ein Zehnte.
Diese wurden nun in eigenen Gebäuden, wir wollen sie Kasernen nen-
nen, zum Waffendienste und Christenhasse erzogen. Vom Knabenalter
an übten sie sich in der Führung des Säbels und Feuerrohrs, und
lernten Hunger und Durst spielend ertragen (wie die Knaben von p-
kurgs Spartanern). Sie kannten weder Vater noch Mutter, nicht Ge-