Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Die Einrichtung der neuen Reiche. 25 
daß der König darbte. Eroberte der König wie z. B. Chlodewig den 
römischen Theil Galliens mit seinem Gefolge und Freiwilligen, so hatte 
er nur die einzelnen Krieger mit Grundstücken auszustatten, das ganze 
andere Land aber fiel ihm zu; bei einer nationalen bewaffneten Ein- 
wanderung (Eroberung) mußte aber jeder freie Mann ein eigenes 
Grundstück erhalten, der Boden also in sehr viele Stücke zerfällt werden. 
In den königlichen Schatz flossen ferner die Abgaben der römischen 
Provinzialen von Grundstücken, Personen und Erbschaften; ferner Kon- 
fiskationen und Strafgelder, die Geschenke der Adeligen und Freien, die 
Zölle; dem Könige gehörte endlich auch das Münzregal. 
Bei den Frankenkönigen war der Hofstaat sehr beträchtlich und 
wurde für andere Könige das Muster. Die Umgebung des Königs be- 
stand aus Adeligen, welche auch die ersten Hofämter verwalteten: der 
Kämmerer (Cubicularius, Camerarius, Thesaurarius) besorgte den 
königlichen Hofhalt; der Marschall beaufsichtigte den königlichen Pferde- 
stall; der Seneschall oder Truchseß (Dapiser) versorgte den königlichen 
Tisch; der Schenk (Pincerna, Buticularius) hatte den Trunk beizu- 
schaffen; der Kanzler (Cancellarius), in der Regel ein Geistlicher (da- 
her auch Archicapellanus genannt), war der königliche Gebeimerath 
und fertigte die königlichen Urkunden aus. Der Großhofmeister, Haus- 
meier (Majordomus regiae), vertrat im Kriege die Stelle des Königs 
und war oberster Verwalter von dessen Besitzungen. 
Eine Regierung im heutigen Sinne des Wortes übten die alten 
Könige nicht; sie vertraten die Nation gegenüber dem Auslande, waren 
die Oberfeldherren, in der heidnischen Zeit die Oberpriester, in der 
christlichen die Schutzherren der Kirche, ferner die obersten Richter, ohne 
daß jedoch ein gewöhnlicher Rechtsfall vor das königliche Gericht (coria 
regis) gebracht werden mußte; über eine Person von hohem Adel rich- 
tete nur der König mit Beiziehung der Standesgenossen oder in der 
Nationalversammlung. In den Gesetzen und Einrichtungen konnte ohne 
die Einwilligung der Freien durchaus nichts geändert werden. So 
lange die Ausdehnung eines Königreichs unbedeutend war, also in der 
alten Zeit, versammelte sich im März oder Mai das ganze freie Volk 
vor dem Könige, oder es wurde auch außerordentlicher Weise zusam- 
menberufen, um über Krieg oder Frieden und andere Landesangelegen- 
heiten zu beschließen; in den großen Reichen war eine solche Volksver- 
sammlung (placitam generale) nicht mehr möglich und sie verwan- 
delte sich daher in eine Versammlung der Adeligen oder Würdeträger 
(Reichstage). Je mehr Adelige der König zu Lehensleuten hatte, um 
so eher konnte er hoffen, in der Versammlung seinen Willen durchzu- 
setzen, und da die Adeligen immer mit einem Gefolge von Dienstmannen 
erschienen, so waren solche Versammlungen oft sehr stürmisch. Die
	        
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