Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

28 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. 
unter bestimmten Förmlichkeiten mit einander kämpfen ließ und dem 
Recht gab, welchem der Sieg zusiel. Später wurde der Zweikampf ein 
so allgemeines Rechtsmittel, daß Frauen, Wehrlose, Abwesende u. s. w. 
sich durch einen Kämpfer vertreten lassen konnten. 
Das alte Fehderecht. Das Wehrgeld. 
Die kriegerischen Germanen betrachteten das Rechtsverhältniß als 
ein Friedensverhältniß, das zunächst der einzelne Freie und seine Familie 
und nur im Nothfalle das ganze Volk und dessen Vorsteher zu schützen 
hatten. Das Wort Friede bedeutet auch ursprünglich so viel als Schutz 
(was noch in den Verben „einfriedigen“, „umfriedigen“ ersichtlich ist); 
die Vereinigung der Freien zu Sippen, zu Gau= und Volksgemeinden 
bezweckte zunächst die Sicherheit von Leben und Eigenthum eines jeden 
Freien und die Bestrafung eines jeden Verletzers derselben. Ein solcher 
versetzte sich selbst durch seinen Angriff oder Friedensbruch in den Kriegs- 
zustand und gab dadurch dem Angegriffenen und dessen Familie das 
Recht sich durch Febde (faida) Genugthuung zu verschaffen. Er konnte 
die Fehde abwenden, wenn er mit dem Verletzten eine Sühne (compo- 
sitio), die immer eine Entschädigung durch Vieh oder Geld war, zu 
Stande brachte. Legterer war aber durchaus nicht verpflichtet, die Sühne 
anzunehmen, der Friedensbrecher hatte nicht die Wahl zwischen Fehde 
und Sühne, der Reiche konnte sich daher nicht Alles erlauben, so lange 
er die Sühne entrichten konnte und wollte, sondern er mußte sich darauf 
gefaßt machen, daß er von dem Verletzten oder dessen Verwandten un- 
versehens angegriffen, beschädigt und unter Umständen erschlagen wurde. 
Letzteres geschah ganz gewiß, wenn der Friedensbruch ein Leben gekostet 
batte, denn es widersprach den germanischen Begriffen von Ehre und 
Recht, der Blutrache für eine materielle Entschädigung zu entsagen. 
Auch war es durchaus nicht Sitte, den Feind zum Zweikampfe zu for- 
dern und auf diese Weise die Blutrache zu suchen, sondern es geschab 
in der Regel durch Ueberfall und ganz unvorgesehen. Nur dann, wenn 
die Beschädigung oder Tödtung unwillkürlich geschab, mußte sich der be- 
troffene Theil zur Annahme der Sühne verstehen, denn nur vorsäglicher, 
in böser Absicht unternommener Friedensbruch führte zur Fehde. War 
der Verletzte zu schwach, um sich selbst Recht oder Genugthuung zu ver- 
schaffen, so wandte er sich an das Volksgericht (Gaugericht), welches 
ihm zu seinem Rechte verhalf, indem es den Friedensbrecher zur Ent- 
richtung der Sühne zwang. In der christlichen Zeit wurde das Febde- 
recht nach und nach beschränkt, indem die Ansicht durchdrang, daß durch 
Mord, Brand, Diebstahl 2c. der gemeine Frieden gebrochen werde, also 
von der Staatsgewalt zu bestrafen sei, und die Fehde blieb gesetzlich nur 
für Fälle gestattet, in welchen der Staat dem Berechtigten nicht zu seinem
	        
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