Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

30 Das Chriflenthum unter den Germanen und Slaven. 
Immunität. 
Ueber die Hofgüter des Königs, der Kirche, sowie jedes edeln 
Mannes erstreckte sich die Gerichtsbarkeit des Grafen nicht (diese Güter 
waren immanes, hießen deßwegen auch später Immunitäten), so lange 
der Herr für die auf seinem Gute (curtis.)) angesessenen Unfreien zu 
Recht zu stehen sich erbot; er richtete über seine eigenen oder hofhörigen 
Leute nach dem Hofrecht und strafte Vergehen derselben, die gegen ihn 
oder gegen ihre Genossen begangen wurden. (Die Ausbildung des 
Lehenwesens hatte mit der Zeit ein eigenes Lehenrecht und Lehenge- 
richt zur Folge; den Vorsitz bei Lehengerichten führte der Lehensherr, 
und das Urtheil sprachen die Lehensträger oder Vasallen als Schöffen.) 
Geschriebene Gesetze. 
Die Gesetze der germanischen Völker, die ursprünglich von Mund 
zu Mund fortgepflanzt wurden, fanden ihre schriftliche Abfassung durch- 
schnittlich im 6. Jahrhundert (das älteste Gesetzbuch, die Lex Salice, 
verlegt man in die Zeit Chlodewigs); dies geschah mit Ausnahme der 
angelsächsischen in der lateinischen Sprache, und es ist sehr begreiflich, 
daß das Verhältniß zu den römischen Provinzialen, die das römische 
Recht behielten, sowie die Einwirkung des Christenthums und des kano- 
nischen Rechts in den alten Volksrechten tief gebende Veränderungen 
hervorrufen mußten. 
Das Kriegswesen. 
Wer nicht leibeigener Mann war, mußte bei einem Kriege, den die 
Nation beschlossen hatte, zu Felde ziehen, die Lehensleute auch in jeder 
Fehde der Lehensherrn. Oberanführer in einem Nationalkriege war der 
König oder Herzog; die Männer eines Gaues folgten ihrem Grafen; 
die Blutofreunde fochten neben einander. Die Rüstung war sehr ver- 
schieden; es mußte einer schon reich sein, wenn er Schild, Panzer, 
Beinharnisch, Helm und starke lederne Handschuhe als Schutzwaffen trug 
(an die spätere Eisenhülle von der Ferse bis zum Wirbel ist gar nicht 
zu denken) und eine Lanze oder Hellebarde, zweihändiges Schwert oder 
Mordaxrt zum Angriffe hatte, denn damals waren alle Metallarbeiten 
sehr theuer. Nur ganz reiche Herren konnten Streitrosse halten und zu 
Pferde dienen, daher bildete der Adel die Reiterei. Als Geschosse brauchte 
man Pfeile, die mit Bogen, später mit Armbrusten abgeschossen wurden; 
die leichtbewaffneten Männer warfen auch „handvöllige“ Steine auf den 
Feind, bevor zum Angriffe mit blanker Waffe übergegangen wurde. Die 
Feldzüge dauerten in der Regel vicht lange und wurden in der Som- 
merezeit durch eine Feldschlacht entschieden. Vor derselben sangen die
	        
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