66 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
höhern Beruf als den eines gewöhnlichen Eroberers in sich fühlte, wie
auch schon das alte fränkische Volk, als es kaum der Barbarei zu ent-
steigen im Begriffe war, von dem Bewußtsein einer hohen Bestimmung
durchdrungen war, was in dem Eingang seines Gesetzbuches durch die
Worte ausgesprochen ist: das berühmte Volk der Franken, das von Gott
gegründet ist (Francorum gens inclyta a Deo condita).
Pipins letzte Anternehmungen (756—768).
Nachdem Pipin in Italien Frieden gestiftet hatte, wandte er sich
gegen die Sachsen, welche in unaufhörlicher Feindschaft mit den Franken
lebten; er nöthigte sie zur Ruhe und zu einem Tribute, unterwarf sie
aber nicht vollständig.
Im Süden entriß er den spanischen Arabern den Theil Septima-
niens, welchen sie seit Karl Martell noch inne hatten; dies gelang ihm
besonders durch die Hilfe der gothischen Bevölkerung, die gegen Zu-
sicherung ihrer Rechte die fränkische Herrschaft gerne mit der arabischen
vertauschte. Viel gab ihm der aquitanische Herzog Waifar zu schaffen,
der um jeden Preis unabhängig sein wollte; endlich siegte jedoch Pipin,
Waifar wurde von seinen eigenen Leuten erschlagen, Aquitanien von
Pipin größtentheils dem eigentlichen Frankenlande einverleibt, der Rest
dem Schwiegersohne Waifars, Lupus I., als Herzogthum verliehen.
Unmittelbar nach Beendigung des Kriegs erkrankte Mipin und starb im
Sept. 768 zu Paris.
Zweites Buch.
Das heilige römische Reich deutscher Nation.
Erstes Kapitel.
Karl der Große (768—814).
Durch den Tod seines Bruders Karlmann im Jahre 771 (Karl-
mann hatte das halbe Aquitanien, Burgund, Provence, Gothien, Elsaß,
Alemannien beherrscht) ward Karl in seinem 29. Lebensjahre Allein-
regent des fränkischen Reiches, indem die Söhne Karlmanns durch den
Spruch eines Reichstages ausgeschlossen wurden. Er bewies eine solche