82 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
dem Mehrtheil der Seinigen verlassen (auf dem Roth= oder Lügenfelde
bei Kolmar) und überlieferte sich freiwillig seinen Söhnen. Diese schick-
ten Judith in das Kloster zu Tortona, Karln in das Kloster Prüm,
überließen den Vater Lotharn, der ihn zu einem feierlichen Bekenntniß
seiner Fehler, zur Kirchenbuße, sowie zur öffentlichen Ablegung der
Waffen zu bewegen verstand (zu Soissons), worauf er ihn mit sich
nach Aachen nahm und sorgfältig bewachen ließ. Das unngtürliche
Treiben der Söhne erregte aber den Unwillen des Volks, Ludwig (der
Deutsche) zeigte sich den Ermahnungen Drogos und Hugos, der geist-
lichen Halbbrüder des Kaisers, zugänglich, und was vielleicht die Rück-
sicht auf göttliche und menschliche Gesetze nie vermocht hätte, that die
wieder erwachte Eifersucht gegen Lothar; er ließ bei dem bewaffneten
Einschreiten seiner zwei Brüder den Vater frei (834), der abermals
feierlich restituiert wurde, Lotharn verzieh, denselben aber auf Italien
beschränkte (835).
Schon ein Jahr darauf beschäftigte er sich auf Judiths Drängen
mit einem neuen Theilungsentwurfe zu Gunsten Karls und entzog Lud=
wig Alemannien, Thüringen, Sachsen und Elsaß, welche dieser 834 mit
des Vaters Einwilligung an sich genommen hatte, und als nach Pipins
Tod (838) Karl auch Aquitanien erhalten sollte, kam es abermals zum
Kriege. Einerseits erhoben sich die Aquitanier für Pipins Söhne Pipin
und Karl (der letztere wurde 856 Erzbischof von Mainz, starb 862),
andererseits griff Ludwig (der Deutsche) zu den Waffen, fand aber bei
den Völkern so wenig Anklang, daß er schnell nach Bapern zurückwei-
chen mußte. Hierauf kamen der Kaiser und Lothar mit einander auf
einem Reichskage von Worms dahin überein, daß Pipins Söhne enterbt,
Ludwig der Deutsche auf Bayern eingeschränkt, das ganze übrige Reich aber
zwischen Lothar und Karl getheilt werden sollte. Darüber erbittert schlug
Ludwig der Deutsche abermals los, mußte jedoch der Streitmacht seines
Vaters weichen; dieser erkrankte während des Feldzugs und ließ sich
auf eine Rheininsel bei Ingelheim bringen; dort pflegte ihn sein Halb-
bruder Drogo als Bruder und Bischof und bewog ihn, daß er seinem
Sohne Ludwig verzieh, worauf der unglückliche Kaiser und Vater am
20. Juni 840 in seinem Zelte verschied.
Theilungsvertrag zu Verdun (843).
Schlacht auf dem Rles, bei Fontenaille (841).
Krone, Scepter und Schwert hatte er Lotharn überschickt und ihn
noch einmal beschworen, Karln bei seinem Erbtheile zu beschützen; Lothar
kümmerte sich aber um die Wünsche seines verstorbenen Vaters nicht
im geringsten, sondern zog mit einem starken Heere an den Rhein und