Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

88 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands 2c. 
stand sich daher in jener Zeit wohl von selbst, daß er sich am Klerus 
erholte und deßwegen zum „Evangelium“ griff; aber er that es mit äußer- 
ster Behutsamkeit, denn er mißtraute dem Adel, der die Königsmacht 
nicht gehoben sehen wollte, und den Bauern, welche dem alten Glauben 
treu waren. Zuerst ließ er das „Evangelium“ nur da und dort ver- 
künden, sorgte für eine Bibelübersetzung in das Schwedische und erst 1526 
ließ er in Upsala disputieren. Den Hauptschlag führte er auf dem 
Reichstage von Westeräs 1527. Er erklärte, daß er nicht mehr 
König sein wolle; er habe genug gethan für das Land und wolle sein 
Vermögen nicht vollends ruinieren, denn die Krone habe keine Einkünfte, 
aber Ausgaben genug; auch Thränen standen ihm zu Gebote, als die 
Bürger und Bauern ihn baten, er möchte die Last der Königswürde 
noch länger tragen. Er entgegnete, daß er Bürger und Bauern nicht 
höher besteuern dürfe (von Besteuerung des Adels war keine Rede) und 
daß der Krone nur zu helfen sei, wenn ihr von dem großen Gute der 
Geistlichkeit nachgebessert werde. Als Bauern und Bürger dergestalt 
lediglich die Wahl zwischen neuen Steuern oder der Abdankung des 
Königs vor sich sahen, auf welche unfehlbar die alte Adelswirthschaft 
mit Dänenherrschaft und Bürgerkriegen gefolgt wäre, opferten sie die 
geistlichen Herren, welche sich um so weniger ernstlich zu wehren getrau- 
ten, als sie Christian II. unterstützt hatten. Den Herren vom Adel, 
welchen eine Abdankung des Königs, wenn sie je daran glaubten, nicht 
halb so leid als den Bürgern und Bauern gewesen wäre, hielt er einen 
Köder vor: sie sollten die Kirchengüter, welche ihre Ahnen einst gestiftet 
hätten, wieder an sich nehmen, sofern sie ihre Ansprüche nachweisen könn- 
ten. Dies wirkte; die Herren griffen zu und nahmen so viel an sich, 
daß der König ihnen später wieder das meiste entreißen mußte und den 
Termin der Vergabung auf 1453 setzte; was seit dieser Zeit an die 
Kirche gestiftet worden war, das allein blieb den Adeligen. Gustav ließ 
bei seiner Reformation eine Art von Bischöfen bestehen, gab ihnen jedoch 
Konsistorien bei und machte sie von der Krone abhängig, so daß ein 
solcher Bischof sich von einem deutschen Superintendenten außer dem 
alten Namen nur dadurch unterschted, daß er ein Reichsstand war und 
auf dem Reichstage neben dem Adel saß. Daß die katholische Religion 
aufs strengste, bei Landesausweisung, verboten wurde, versteht sich von 
selbst (erst 1857 schlug der König den Reichsständen die Abschaffung 
der Landesverweisung vor); einige unfügsame Geistliche wurden hinge- 
richtet. Den Lübeckern bezahlte Gustav seine Schulden mit Kirchen- 
glocken, und zum Danke für ihre Unterstützung entzog er den Hanseaten 
ihre Handelsvortheile in Schweden und legte ihnen Zölle auf, während 
er den schwedischen Handel entfesselte; ebenso schloß er zu Schwedens 
Vortheil, aber zum großen Schaden der Hanseaten, einen Handelsver-
	        
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