Rudolf II. 95
Mar starb am 12. Oktober 1576 im 50sten Jahre seines Lebens;
er sprach deutsch, spanisch, italienisch und französisch und hatte den Ruhm
eines gerechten und menschenfreundlichen Regenten. Feldherr war er
keiner und auch kein guter Staatswirth, daher er auch trotz der Reichs-
hilfe gegen die Türken nichts ausrichtete. Er hinterließ sechs Söhne
und zwei Töchter.
AUndol' U. (1576—1612).
Marxens ältester Sohn Rudolf, den er bei Lebzeiten zu Ungarns
und Böhmens König hatte krönen lassen, wurde sein Nachfolger auf
dem deutschen Thron. Rudolf war in Spanien erzogen worden, wohin
Karl V. seinen Vater auf kurze Zeit als Statthalter geschickt hatte, und
war noch unkriegerischer als seine meisten spanischen und deutschen Ver-
wandten. Er hatte seine Freude an schönen Pferden und war Tage
lang bei ihnen im Stalle, liebte Kunstwerke jeder Art, von denen er
eine herrliche Sammlung anlegte, beschäftigte sich auch mit Alchymie und
Asrologie; die großen Astronomen Tycho de Brahe und der Schwabe
Kepler, dessen Namen durch die nach ihm benannten Gesetze verewigt
ist, dienten dem Katser, denn die Astronomen waren noch Astrologen.
Die Reformatoren glaubten gleichfalls an die Astrologie, wie auch die
Tübinger Theologen Keplern wegen seines Glaubens an das koperni-
kanische System censierten. Rudolf hätte wahrscheinlich einen guten
Professor abgegeben, aber als Kaiser machte er sich und seine Länder
unglücklich. Gegen die Protestanten verfuhr er etwas schärfer als sein
Vater; in Wien hielt ein Pastor Opiz lästerliche Predigten gegen den
Papst und mit seinen Kollegen stritt er sich so unziemlich über die Erb-
fünde, daß Rudolf alle mit einander fortjagte, wozu er auch ohne wei-
keres befugt war, weil ihre Kirchen ihre Entstehung nicht kaiserlicher
Bewilligung, sondern kaiserlicher Nachsicht verdankten. Darauf hob
Rudolf alle nicht privileglerten Pfarreien auf und verbot alle protestan-
tischen Schulen. Das nannte man im protestantischen Lager Verfolgung
des Evangeliums, während doch die Katholiken in keinem protestantischen
Lande Duldung fanden, und selbst Lutheraner und Kaloinisten einander
blutig verfolgten. In Sachsen z. B., dessen Kurfürst Christian I. sich
zu Tode trank, wurde unter seinem minderjährigen Nachfolger Christlan II.
der Kanzler Krell wegen kalvinischer Meinungen zehn Jahre eingeker-
kert, sein großes Vermögen während des Prozesses durch die Pasteren
und Juristen gekapert und endlich wurde der halbverhungerte Mann
mit einem eigens dazu gemachten Schwerte geköpft; ähnlich verfuhren
die Pastoren in Braunschweig und Schlesien. Dagegen mußte die Pfalz
kalvinisch werden, weil es dem Landesherrn gefiel, und noch zweimal
mit dem lutherischen und kalvinischen Bekenntnisse aus demselben Grunde