Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Rudolf II. 97 
Gegenreformation durchführten, wozu sie die Widerspenstigkeit ihrer an- 
dersgläubigen Unterthanen und der alles Maß überschreitende Trotz der 
Stände genöthigt hätte, auch wenn sie minder eifrige Katholiken gewesen 
wären; und was thaten sie anders, als was ihnen die Reichsgesetze er- 
laubten und was die Protestanten fortwährend ausübten? Dennoch gab 
dies den Vorwand zu dem protestantischen Bündnifse, der sog. Union, 
die auf Betreiben des Pfälzers Friedrich IV. im Jahre 1608 zu Ahausen 
in Franken geschlossen und 1610 zu Hall in Schwaben erweitert wurde. Es 
traten bei: Pfalz, Hessen-Kassel, Anhalt, Wirtenberg, Baden- 
Durlach, Pfalz-Neuburg, die Brandenburger in Franken und 
in der Mark, sowie 15 Reichsstädte. Dieser Bund war nichts an- 
deres als ein Werk Heinrichs IV. von Frankreich und wäre der erste 
Rheinbund geworden, wenn der Dolch Ravaillaks Heinrich nicht aus dem 
Wege geräumt hätte; denn Friedrichs Oheim (der während dessen Minder- 
jährigkeit Vormund war und die Pfalz zum Kalvinismus zwang), Kasi- 
mir, hatte den Hugenotten in Frankreich mehr als einmal deutsche Söld- 
nerheere zugeführt und stand im innigsten Bunde mit Frankreich, dessen 
Pensionär er war; ebenso war schon Herzog Christoph von Wirten- 
berg mit Frankreich alliiert und empfing Subsidien; zu gleicher Zeit be- 
mühten sich die Holländer (sie sperrten gerade den Rhein) in Deutschland 
ein Feuer anzuschüren, um Spanien jeder Unterstützung von Seite der deut- 
schen Habsburger zu berauben; die Bisthümer am Main und Rhein waren 
zur Säkularisation bestimmt und ihre künftigen Fürsten aus den Häusern 
der Union bereits bezeichnet. Der Grund der Union war also keineswegs 
die Religionsgefahr der Protestanten, sondern die französische Politik, welche 
Habsburg stürzen und das deutsche Reich auflösen wollte. Die Fäden waren 
viel weiter gesponnen; sie reichten von Paris über Böhmen und Mähren 
bis Ungarn und Siebenbürgen und hatten ihren östlichen Knoten in Kon- 
stantinopel. Dies zeigte sich 1606, als Rudolf II. den siebenbürgischen 
Stämen in ihrem Reformationswerke Einhalt thun wollte; augenblick- 
lich griff der siebenbürgische Fürst Stephan Botschkai zu den Waf- 
fen und drang bis Mähren vor, und wollte Rudolf kein Türkenheer 
in Oesterreich haben, so mußte er im Wiener Frieden den Ungarn und 
Siebenbürgern ihre Forderungen bewilligen. 
Der Jülichsche Erbfolgestreit schien den Ausbruch eines all- 
gemeinen Krieges herbeizuführen. Den 25. März 1609 starb der letzte 
(katholische) Herzog Johann Wilhelm, Herr von Jülich, Kleve, Berg, 
Mark und Ravensberg, und als die nächstberechtigten Erbansprecher 
traten der Kurfürst Sigismund von Brandenburg und Wolf- 
gang Wilhelm von Pfalz-Neuburg auf. Sie besetzten (als posse- 
rierende Fürsten) das Erbe und als der Kaifer bis nur rechtlich erfolgten 
Entscheidung dasselbe zu selnen Hontm nemen wollte, setzte Heinrich IV. 
Bumũsller, Neue Zeit. 6. Aufl.
	        
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