98 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands 2c.
sein Heer in Bewegung und die Union erhob sich schlagfertig; da wurde
Heinrich IV. ermordet, der Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz starb
an den Folgen der Trunksucht und der Krieg hatte mit dem Tode der
beiden Unionshäupter ein Ende. Ueber das Jülichsche Erbe vereinigten
sich die beiren Ansprecher dahin, daß der Pfalzgraf des Kurfürsten Tochter
heirathen sollte; aber bei Tische gab der betrunkene Kurfürst seinem künf-
tigen Schwiegersohne eine Ohrfeige, welche diesen dermaßen verdroß, daß
er katholisch wurde, um die Katholiken auf seine Seite zu ziehen, wäh-
rend der Kurfürst kalvinisch wurde und die Niederländer. um Beistand
ansprach. Beide Theile verglichen sich jedoch einige Jahre darauf, als
es bereits zum Kriege gekommen war und für den einen die Spanier
unter dem großen Feldherrn Spinola, für den andern die Holländer
einschritten; der Pfalzgraf erhielt vorläufig Jülich und Berg, Branden-
burg das übrige.
Die deutschen Katholiken regten sich kaum; zwar hatte Mar von
Bayern der protestautischen Union eine katholische Liga entgegen-
gesetzt (1609), welcher Bayern, die Bischöfe von Augsburg,
Würzburg, Regensburg, Passau, die Erzbischöfe von Salz-
burg, Mainz, Trier und Köln, sowie die katholischen Stände in
Schwaben und Bayern beitraten, aber Mar stand mit einem Fuße in
Frankreich, so lange er lebte, und bewachte Habsburg mit eifersüchtigem
Auge. Die Union trug ihm auf Heinrchs IV. Rath sogar die deutsche
Krone an, worauf er jedoch nicht einging; er bekriegte (1611) den Erz-
bischof von Salzburg, über dessen Stift schon seine Vorfahren gerne
die Oberherrlichkeit erworben hätten, doch blieb dies Unternehmen ohne
weitere Folgen. Habsburg selbst war durch Rudolfs Unthätigkeit gelähmt
und wurde seiner Auflösung nahe gebracht, als Rudolfs Bruder Ma-
thias ihm ein Erbland nach dem andern entriß. Letzterer benutzte die
Protestanten, indem er ihnen mehr Freiheiten zusicherte, als Rudolf ge-
währen wollte. So wurde er schnell Herr in Oesterreich, Mähren und
dem österreichischen Ungarn, die ihm Rudolf abtreten mußte; als sich nun
Rudolf auch in Böhmen bedroht sah, griff er zu der gleichen Waffe, warf
sich den böhmischen Unzufriedenen, den Kalvinisten, Lutheranern und
Utraquisten in die Arme und gab ihnen so viele Freiheiten, als sie nur
wollten. Sie erhielten den berühmten Majestätsbrief (11. Juli 1609);
in diesem wurde den Protestanten und Utraquisten freie Religiensübung
zugesichert; sie bekamen ein eigenes Konsistorium, selbstgewählte Defen-
soren, d. h. einen leitenden Ausschuß, ungestörten Zutritt an die Uni-
versität Prag und die Erlaubniß, neue Schulen und Kirchen nach Be-
dürfniß zu errichten. Dennoch waren sie nicht zufrieden und hielten
Rudolf gewissermaßen gefangen; dieser rief seinen geistlichen Bruder
Leopold, Bischof von Straßburg und Passau, zu Hilfe, allein Leopolds