Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

116 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc. 
sehr unwahrscheinlich, daß Wallensteins Plan mit einem Schlage gelinge, 
und sodann war Ferdinand zu einem solchen Werke zu gewissenhaft. 
Nun bestürmten alle Fürsten, protestantische wie katholische, den Kaiser 
1630 auf dem Reichstage von Regensburg mit Klagen über Wallen- 
steins Uebermuth gegen Fürsten und Herren, und die fürchterlichen Er- 
pressungen und Verwüstungen, die er mit seinem Heere überall verübe. 
Alles verlangte Wallensteins Absetzung; Ferdinand blieb die Wahl zwi- 
schen zweien: einem Krieg mit den katholischen und protestantischen Für- 
sten Deutschlands, Mar von Bayern und Tilly an der Spitze einerseits, 
und Frankreich andererseits, mit welchem das Haupt der Liga immer in 
Verbindung war, oder der Abdankung Wallensteins, d. h. der kaiserlichen 
Entwaffnung. Er wählte das letztere; Wallenstein erhielt nicht einmal 
das erbetene Kommando an der Ostsee, um die deutschen Küsten zu ver- 
theidigen. Er nahm seine Absetzung gelassen an und ging auf seine 
Güter nach Böhmen zurück, wo er mit fürstlichem Aufwande lebte und 
seine Zeit abwartete. Auch in Italien mußte der Kaiser der französischen 
Politik weichen. Das erledigte Mantua sprach der halb französische 
Prinz von Gonzaga-Nevers und der Kaiser an; Wallenstein mußte 
vor seiner Absetzung 20,000 Mann abschicken, um dem durch die Fran- 
zosen bedrängten Spinola Luft zu machen. Wallensteins Schaaren er- 
stürmten unter Aldringer Mantua und plünderten es; aber da Frank- 
reich, Venedig und der Papst Urban VIII. gegen den Kaiser waren, 
und dieser den Kurfürsten von Bayern insgeheim mit jenen Gegnern 
verbündet wußte, so ließ er die Franzosen in Italien gewähren. Auf 
diese Weise kam das Reichslehen Mantua an einen Klienten Frankreichs, 
dem Savoyen die wichtigsten Alpenpässe abtreten mußte, während die 
veutschen Fürsten über „den Friedländer"“, so nannten sie Wallenstein, 
triumphierten, dessen abgedankte Soldaten schaarenweise dem Heere Gustav 
Adolfs zuliefen. 
Gustav Adolf landet (am Johannistag 1630). Schwedisch-französische Allianz. 
Denn Wallenstein war kaum abgesetzt, als der Schwedenkönig mit 
18,000 Mann landete. Niemand ahnte in diesem den außerordentlichen 
Mann, daher sich alle Berechnungen der französischen, italienischen und 
deutschen Politlker in ihm irrten. Von Person war Gustav Adolf 
groß, wohlbeleibt, starken Armes; sein Gesicht war edel geformt, voll, 
seine Augen blau, groß und hervortretend, Haupthaar und Bart hell- 
blond. Er wußte mit jedermann freundlich umzugehen, war mäßig und 
den Ausschweifungen fremd und glich hierin dem Kaiser; seinem Glauben 
war er so ergeben als Ferdinand II. dem katholischen, was ihn aber nicht 
hinderte (wie vor und nach ihm so manchen Staatsmann und Fürsten) 
denselben zu einem Hauptwerkzeuge seiner Politik zu machen. In Schwe-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.