122 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc.
hatle keine andere Wahl, als in Sachsen einzurücken und den Kurfürsten
zum Kriege gegen Gustav Adolf oder gegen den Kalser zu zwingen;
letzteres wäre gewiß durch den König von Schweden geschehen, sobald
Tilly an den Main zurückwich. Tilly rückte also in Sachsen ein, und
Johann Georg warf sich nun dem König von Schweden in die Arme
und vereinigte 18,000 Sachsen mit dessen Heere. Tilly hatte eine Stel-
lung gewählt, in welcher ihn Gustav Adolf nicht ohne große Gefahr zur
Schlacht zwingen konnte, und erwartete noch Verstärkungen. Aber Pap-
penheim verwickelte sich in ein Reitergefecht, und da ihn Tilly nicht auf-
opfern wollte, mußte er ganz gegen seinen Plan eine Schlacht llefern.
Pappenheims Reiterangriffe wurden abgeschlagen, Tilly selbst warf sich
auf die Sachsen und trieb sie in wilde Flucht. Doch Gustav Adolf, der
den einen feindlichen Flügel geschlagen hatte, bereitete dem unter Tilly
selbst fechtenden das gleiche Schicksal. Der 72jährige Tilly wurde drei-
mal verwundet und nur durch die Tapferkeit seiner wallonischen Reiter
herausgehauen. Dies war die erste Schlacht, die er verlor, und es
mag ihn stark genug erschüttert haben; aber wie ein sinnlos gewordener
Mann benahm er sich nicht, sondern als ein Feldherr, der die Größe
seines Verlustes und die Ueberlegenheit des Gegners kennt. Er sam-
melte die Trümmer seines Heeres bei Halberstadt und entsandte Pappen-
heim nach Westfalen und den Niederrhein zum Schutze der katholischen
Stände; er selbst wich an den Main, und als Gustav Hoorn sich nach
Bamberg mit einem schwedischen Korps vorwagte, schlug er ihn tüchtig
ück.
zurũc Guslav am Main, Khein und in Bayern (1631).
Nun erwarteten die Feinde und falschen Freunde Habsburgs, Gu-
stav Adolf werde gegen die kaiserlichen Enhlande vorrücken und Ferdi-
nanden in Wien den Frieden diktieren, somit die Demüthigung des
Kaisers vollenden. Aber Gustav dachte anders; er wollte seine Macht
nicht an die Bekämpfung des Kaisers setzen und Frankreich, Bayern
mit der Liga und die nichts mehr fürchtenden protestantischen Fürsten,
deren Uebelwollen er klar durchschaute, ihr eigenes Spiel trelben lassen,
das unter französischem Schutze mit einer zweiten, zu Gunsten der prote-
stantischen Fürsten etwas verbesserten Auflage des Religlonsfriedens von
Augsburg und einem katholisch-protestantischen Bunde gegen den Kaiser
und auch gegen Gustav Adolf geendigt hätte, wenn dieser sich nicht mit
einigen Millionen Thalern und einer Entschädigung an Land, wozu sich
etwa Preußen eignete, begnügen wollte. Gustav Adolf hatte sich ein
höheres Ziel vorgesteckt, er wollte protestantischer Kaiser werden,
und zu diesem Zwecke eroberte er zuerst die Länder geistlicher Herren,
die er für sich zu behalten gedachte, ohne daß die protestantischen Für-
sten einen zu großen Lärmen aufschlagen konnten, da jeder Aehnliches