2 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands 2c.
gestorbenen sind mit uns zu der Gemeinschaft der Kirche vereinigt. Da-
her heißt es auch in unzähligen Stiftungsurkunden: „ich thue das für
das Heil meiner Seele und meiner Vorfahren"“, für „das Seelenheil
meines Gemahls"“ u. s. w. Es ist nicht zu leugnen, daß sich mit dem
Ablasse öfters Verblendung und Mißbrauch verbanden, indem manche
Leute glaubten, dieses oder jenes Verbrechen begehen zu dürfen, wenn sie
sich dafür nur einer Bußübung unterzögen oder ein gutes Werk verrich-
teten. Es gab Geistliche, welche es nicht besser verstanden, und manch-
mal suchten andere in diesem Aberglauben ihren Gewinn und wanderten
als Ablaßpfaffen umher; aber ebenso gewiß ist es, daß die Kirche bald
durch Päpste und Bischöfe, bald durch Synodalschlüsse gegen solches Un-
wesen einschritt. Unter Friedrich III. und Mar I. hatte es wieder über-
hand genommen; die Zerrüttung Italiens und Deutschlands durch Kriege
und Parteikämpfe förderte eine gräuliche Sittenlosigkeit, und die Kirche
selbst litt an den Uebeln des Zeitalters. Die Päpste waren vollauf mit
der Politik beschäftigt und hatten alle Mühe, sich der Deutschen, Fran-
zosen, Spanier oder der italienischen Fürsten zu erwehren. In Folge
der Begünstigung des Adels waren die Bischofssitze und Domstifte viel-
fach mit Herren besetzt, welche nicht thaten, was ihres Amtes war, da-
her zerfiel die kirchliche Zucht und die Klage der Gutgesinnten war all-
gemein. Es fehlte auch damals nicht an Bischöfen und Theologen, welche
in ihrem Wirkungskreise dem Uebel kräftig entgegen arbeiteten, doch war
dasselbe zu weit verbreitet, als daß es anders denn durch eine allge-
meine Anstrengung der kirchlichen Macht hätte gehoben werden können.
Die nothwendig gewordene Reformation der Kirche erwartete den Papst
als Steuermann und Lenker, von den Bischöfen verlangte sie die Wieder-
herstellung der Disciplin unter der Weltgeistlichkeit und die Oeffnung
der Domstifte für jeven Geistlichen, welchen Verdienst und Gaben dazu
befähigten, auch wenn er nicht von Adel war und seine Vorfahren nichts
zu dem Stiftsgute beigetragen hatten. Am allernothwendigsten aber er-
schien eine Reformation der Klöster, die in so ungemeiner Anzahl über
Deutschland verbreitet waren; der christliche Geist hatte sie in das Leben
gerufen, damit sie der Welt voranleuchteten als Muster der Demuth, des
Gehorsams, der Keuschheit, der freiwilligen Entbehrung, der Andacht und
des Eifers für christliche Zwecke; was mußte geschehen, wenn nun viele
unter denselben der Welt das Beispiel von dem Gegentheile gaben, wie
heillos mußte der Einfluß eines entarteten Klosters auf das umwohnende
Volk sein? Die Kirche hatte sich in früherer Zeit schon mehr als ein-
mal reformiert; die großen Päpste (ihre Reihe ist nicht gering) waren
alle Reformatoren, insofern alle gegen eingedrungene Uebel mit Macht
einschritten und dafür Gutes schufen und pflegten; reformatorisch wirkten
die Ordensstifter St. Benedikt, Berno, Norbert, Bernhard u. s. w. bis