Deutschland nach dem Kriege. 137
gemildert, auch nach dem westfälischen Frieden fort, indem keine Regie-
mung Unterthanen einer andern Religion dulden mußte, denselben aber
eine dreijährige Frist zur Auswanderung gestattete.
Von Deutschland blieben getrennt die Niederlande; die General-=
staaten bildeten eine Bundesrepublik und sperrten den Deutschen den
Rhein, den Belgiern aber die Schelde; Belgien gehörte nun zu Spa-
nien, das bald die südlichen Provinzen an Frankreich verlor.
Die Schweiz wurde ebenfalls unabhängig erklärt; sie hatte sich ge-
gen den Kaiser während des Krieges so feindselig benommen, als es
ihre eigene Spaltung erlaubte, und blieb nach dem Kriege im Solde
Frankreichs.
Deutschland nach dem Rriege.
Und wie sah Deutschland aus, über welches nun seit dreißig Jah-
ren die Friedenssonne zum erstenmale wieder leuchtete? Es hatte zwei
Drittheile seiner Einwohner verloren, und der Rest war halb verhun-
gert, entmenscht, zum Theil in Wäldern lebend, oft gezwungen Aas
und Menschenfleisch zu genießen. Das stolze deutsche Volk war zum
elendesten in ganz Europa geworden; vor dem dreißigjährigen Kriege
zeichneten sich die Deutschen durch Nationalstolz aus, nach demselben
durch empörenden Mangel aller nationalen Gesinnung, denn obwohl sie
von den Franzosen geplündert, mißhandelt und auf jede Weise verhöhnt
wmden, galt französisches Wesen in Deutschland doch so viel, daß das-
selbe deutsche Kunst, Poesie, Sprache und Sitte wie eine Schlingpflanze
überwuchern konnte. Das Land war in die tiefste Armuth herunterge-
stürzt, die Kunstfertigkelt seiner Städte vernichtet, diese selbst entvölkert;
Augsburg war von 80,000 Einwohnern auf 18,000 heruntergekommen;
in den kleineren schwäbischen Städten blieben oft nur zwel bis fünf
Menschen bei der Asche ihrer Heimath übrig. Die meisten Dörfer wa-
ren niedergebrannt, die Aecker mit Gestrüpp überwachsen und noch heut
zu Tage sieht man in vielen Gegenden in Wald und Haide die alte
Pflugfurche, wo seitdem kein Anbau mehr ist. Und doch war auch keine
Eintracht im Reiche nach dem Frieden, kaum daß das Volk des reli-
giösen Haders müde war und denselben den Theologen überließ.
Am meisten hatte die fürstliche Macht gewonnen, denn die Kalser-
gewalt war vollends zur Null herabgesunken; blieben dem Kaiser doch
als Einkommen aus dem Reiche nicht einmal 20,000 Gulden; die land-
ständischen Rechte waren im Schutt begraben, das Franzosenthum da-
gegen setzte sich nun an den fürstlichen Höfen fest, und keine Mißhand-
lung durch den französischen Uebermuth, der bald nach dem dreißigjähri-
gen Kriege Deutschland wieder mit Mordbrennerei und Raub heimsuchte,
vermochte die Liebe zum französischen Wesen zu mindern. Der dreißig-