Kaiser Karl V. 5
Magdeburg ganz schmähliche Ausdrücke. Der Beifall, welchen sein Auf-
treten bei den Deutschen fand, namentlich bei der unruhigen Ritterschaft
und bei der studierenden Jugend, andererseits der Widerspruch, welchen
er von den Theologen erfuhr, seine und Karlstadts Disputation zu
Leipzig mit dem gelehrten Dr. Eck, die Verdammung von 41 seiner
Säte durch den Papst und die Bedrohung mit der Erkommunikation, wenn
er nicht widerrufe, reizten ihn allmählig so, daß er die Bande zerriß,
welche ihn noch an der Kirche hielten, und den innerlichen Schauer vor
einer Lossagung von der Kirche niederdrückte. Im Juni 1520 schrieb
er van den Adel deutscher Nation von deschristlichen Stan-
des Besserung" und im Oktober das Buch „von dem babyloni-
schen Gefängniß der Kirche.“ In diesen Schriften verwarf er nicht
bloß die ganze bisherige Kirchenordnung, sondern auch die Lehre von
den Sakramenten, den Kultus der Kirche, er erklärte mit einem Worte
der Kirche den Krieg. Auf die Stände der deutschen Nation waren die
Schriften sehr gut berechnet, dem gemeinen Volke mußte es zusagen, daß
die Gemeinden die Geistlichen wählen sollten; dem Adel, den Fürsten und
Städten winkte der größte Theil des Kirchengutes, denn nach Luther
genügte der hundertste Theil für das Berürfniß der Kirche, neunund-
neunzig Theile fielen also den Territorialherrschaften anheim, die Dom-
stifte wollte er jedoch ausdrücklich beibehalten als Versorgungsanstalten
für den Adel. Im November ließ er eine ingrimmige, von schmählichen
Ausdrücken gegen den Papst strotzende Schrift los: „wider die Bulle
des Endechrists“, und am 10. Dezember verbrannte er vor den Tho-
ren Wittenbergs die päpstliche Bulle und die Bücher des kanonischen
Rechts „als gottlose Bücher, worin nichts Gutes ist, und wenn auch
etwas Gutes darin wäre, alles doch zum Schaden und Befestigung ihrer
antichristlichen Tyrannei verkehrt ist.“
KRaiser Rarl V. (1520—1558).
Als Kaiser Mar von dem ersten Auftreten des wittenbergischen
Augustiners hörte, soll er geäußert haben, man möge das Mönchklein
wohl aufsparen, man könne es vielleicht noch einmal brauchen; der alte
Herr ahnte nicht von ferne, daß in seinen letzten Regierungsjahren die
Kirchentrennung den Anfang genommen habe, und ebenso nur wenige
unter den vielen, welche Luthern den lautesten Beifall zuriefen. Man
glaubte, es gelte dem Papste und den italienischen Praktiken, den un-
wissenden, anmaßenden Mönchen in Deutschland, daß aber die ganze
Christenheit sich spalten und neben der Kirche sich verschiedene Glaubens-
parteien bilden würden, hielt man erst für möglich, als es geschehen
war. Sonst hätte der Kaiser anders gesprochen und gehandelt; er er-
lebte auch nicht mehr, daß Luther offen mit seinem Widerspruche gegen