Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Ludwigs Uebermuth gegen Deutschland. 167 
Fürsten waren zu keiner ernsthaften Rüstung zu bewegen, sondern be- 
schäftigten sich damit, den Stärten, Brandenburg voran, thre alten Frei- 
heiten zu nehmen; Königsberg, Magdeburg, Münster, Erfurt, Köln, 
Lüttich u. s. w. verloren damals die Rechte, welche ihnen vor Zei- 
ten die Kaiser verliehen hatten. Braunschweig wurde von dem Her- 
zoge von Wolfenbüttel zu einer Landstadt gemacht, Bremen von den 
Dänen bombardiert, Hamburg angegriffen und nur mit Noth erhalten. 
Ludwig aber erfand die Reunionskammern, von denen er vier nie- 
dersetzte: in Breisach, Besangon, Metz und Tournat; diese sollten mit 
seinen von Deutschland eroberten Herrschaften wieder vereinigen, was 
einmal zu ihnen gehört hatte, und diese Kammern griffen nun bis in 
das Zeitalter der Merowinger und Karolinger zurück. In den spani- 
schen Niederlanden, in der Pfalz und im Elsaß wurden Städte und 
Stifte eingenommen, ungeheure Geldsummen erpreßt und die französi- 
schen Wappen aufgepflanzt; die so gewonnenen Unterthanen mußten 
Freudenfeste feiern. 
1681 am 31. September bemächtigte sich der König mitten im 
Frieden der Stadt Straßburg, des Thores zu Süddeutschland, eines 
Hauptsitzes deutscher Wissenschaft und Gewerbsamkeit. Seit dem dreißig- 
jährigen Kriege lebten die Bürger in beständiger Angst wegen der Fran- 
zosen; sie verstärkten die Festungswerke, hielten eine Garnison auf eigene 
Kosten und bewachten die Wälle durch Bürgerwehr. Aber Deutschland 
ließ Straßburg gänzlich im Stiche und duldete es auch, daß seine Kauf- 
leute auf dem Wege nach Frankfurt durch Ertrazölle gebrandschatzt wur- 
den, während Frankreich alles that, um den Kredit der Stadt herunter- 
zubringen. Mit vielem Gelde kaufte sich Ludwig eine kleine Partei, aber 
diese saß im Magistrate selbst. Die Hauptverräther waren: von Zed- 
litz, Stößer, Obrecht und besonders Günzer. In der Nacht wurde 
die Stadt umringt und die Vorwerke weggenommen; die Bürgerschaft 
konnte die Stadt nicht länger vertheidigen und unterwarf sich dem Kö- 
nige, der die glänzendsten Versprechungen gemacht hatte. Der Bischof 
Franz Egon von Fürstenberg, der wie seine Vorgänger seit der 
Reformation in Zabern gewohnt hatte, kam selbst nach Straßburg, wo 
Ludwig triumphierend eingezogen war, und begrüßte den König unter 
dem Münsterportale mit den Worten Simeons: „Nun, Herr, laß deinen 
Diener m Frieden fahren, da ich dein Heil gesehen habe.“ Mit großer 
Eile ließ Ludwig Straßburg durch Vauban zu einer der stärksten Fe- 
stungen Europas machen und über ein Thor die Inschrift setzen: Germanis 
Gallia clausa (Gallien ist den Deutschen verschlossen); er hätte noch 
beifügen sollen: „und Deutschland ist den Galliern offen“, denn seit die- 
ser Zeit zogen stets die französischen Armeen von dem Rhein an die 
obere Donau, daher das Volk in Schwaben diesen Strich die Franzo-
	        
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