190 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs XIV. 2c.
ten ungeheure Summen an Buhlerinen und die willigen Diener ihrer
Schlechtigkelt. Kleine Fürsten bauten Lustschlösser und Theater für Mil-
lionen, die den Unterthanen abgepreßt wurden; ein Hoffest löste das
andere ab und eines war kostspieliger als das andere. Alles mußte
nach französischem Schnitte sein: Theater, Tanz, Jagd, Musik, Bauten,
nichts war schön, wenn es nicht von Franzosen oder wenigstens Ita-
lienern angegeben wurde. Für solche Leute war Deutschland ein Berg-
werk edlen Metalles, das weidlich ausgebeutet wurde. Statt vieler
Beispiele, wie es damals in Deutschland herging, nur eines:
Der Kurfürst August von Sachsen, ein riesenstarker Mann, ahmte
den großen König in Versailles am besten nach; nach dem Muster des
Königsbaues schuf er die Morizburg und gab dort Feste, wo jede Pracht
aufgeboten und jede Lust zügellos geübt wurde. Gemälde, Statuen und
andere Werke der Kunst wurden um ungeheure Summen angekauft und
nach Dresden gebracht, eine Menge Kostbarkeiten wurden in dem „grü-
nen Gewölbe“ aufgehäuft. Als er König von Polen wurde (er er-
füllte die polnische Bedingung katholisch zu werden), hob er die sächsi-
schen Landeskinder mit Gewalt aus und führte sie gegen die Schweden
und Polen, welche Sachsen gar nichts angingen. Sein Minister Flem-
ming soll 16 Millionen Thaler hinterlassen, die Buhlerin Gräfin Kosel
20 Millionen erworben haben; Flemming war aber nicht der einzige
Minister dieser Art und die Kosel nicht die einzige Buhlerin. Die Ein-
künfte reichten natürlich zu einem solchen wahnsinnigen Aufwande nicht
hin, es mußten Schulden gemacht werden; zuletzt ließ der Kurfürst fal-
sckes Geld schlagen und als alles nicht reichte, ging er selbst auf die
Thorheiten der Alchymisten ein, welche aus unedlen Stoffen Gold be-
reiten wollten; einer brauchte zu lange Zeit und August ließ ihn köpfen;
ein anderer aber, Böttiger, erfand das Porzellan, und die Porzellau=
fabrik in Meißen trug dem Kurfürsten große Summen ein.
Die deutschen Fürsten fragten ihren Landständen gerade so viel nach
als der französische König seinem Parlamente; wehe dem, der es wagte,
sich auf landständisches Recht zu berufen; ein langjähriger Kerker, oft
mit allen Qualen erfinderischer Grausamkeit, war das sichere Loos.
So führten in dem größeren Theile Curopas Tyrannei und Wollust
den Scepter und bereiteten den Nachkommen ein hartes Gericht. Zu
Ludwigs Zeit öffneten die deutschen Fürsten dem französischen Geiste die
Schleußen; durch dieselben strömte zuerst die vornehme Lüderlichkeit nach
Deutschland, die Verachtung deutscher Sitte und deutschen Rechts; später
zog ein anderer Strom durch das im Zeitalter Ludwigs XIV. ausge-
wühlte Bett, er kam aber nicht vom Throne, sondern aus dem Lava-
schlunde der Revolution.