Schweden von Gustav Adolf bis Karl XI. 195
unter ihnen Arel Orenstierna, regierte. Diese Zeit benutzte der
schwedische Adel, um seine durch Gustav Adolf geschmälerten aber noch
immer sehr großen Vorrechte wieder zu erringen und zu erweitern. Er
befreite sich von allen Steuern und Zöllen, verschaffte sich Jagd- und
Fischereirechte sowie den beinahe ausschließlichen Besitz aller höheren
bürgerlichen und militärischen Aemter, und drohte den Bauern mit Kopf-
abhauen, als sie Einsprache thun wollten.
Als Christine selbst regierte (1644— 1654), veräußerte sie viele
Krongüter und schwächte dadurch das königliche Einkommen; sie liebte
nämlich Künste und Wissenschaften, zog viele Gelehrte nach Schweden
und machte Stockholm zu einem nordischen Athen, wie man jetzt sagen
würde. Die klassisch-gebildete Königin fand sich in dem armen kalten
Norden nicht heimisch, und die Regierungsgeschäfte waren auch nicht
nach ihrem Geschmacke; sie entsagte daher in ihrer genialen Laune dem
Throne zu Gunsten ihres Vetters Karl Gustav von Pfalz-Zwei-
brücken (er war der Sohn Johann Kasimirs von Zweibrücken und Ka-
tharinas, einer Schwester Gustav Adolfs), indem sie für sich nur eine
ansehnliche Leibrente ausbedung. Sie verließ Schweden nach ihrer
Thronentsagung und sah es nie wieder. In Innsbruck trat sie feierlich
zum katholischen Glauben über, durchreiste die Niederlande, Frankreich
und Italien und wählte endlich Rom zum bleibenden Aufenthalte. Sie
starb 1689 und liegt in der Peterskirche begraben.
Karl X. (Gustav) (1654—1660) zwang den Adel zur Heraus-
gabe vieler Krongüter, welche derselbe erlistet, gekauft oder als Geschenk
erhalten hatte, und fing dann Krieg an, weil er diesen als das beste
Mittel zur Hebung der königlichen Macht betrachtete. Polen war durch
Bürgerkriege zerrissen, mit Rußland und den Kosaken im Kampfe und
Verräther vom hohen Adel luden Karl in das unglückliche Land (1655).
Die Starosten von Posen und Kalisch übergaben den Schweden die
ihnen anvertrauten Städte, Karl eroberte Warschau und Krakau, das
von den barbarischen Russen bedrohte Lithauen unterwarf sich ihm eben-
falls, der Polenkönig Johann Kasimir entfloh nach Schlesien, der
Schwede war Herr über Polen und bedrückte es, wie wenn es deutsch
wäre. Aber nun stieg der polnische Adel, noch immer der Kriegerstand
der Nation, zu Pferd und das gemeine Volk schloß sich der Erhebung
an. Mit Karl war jedoch Friedrich Wilhelm von Brandenburg,
der große Kurfürst, verbündet, dem Karl für Preußen die Freiheit von der
polnischen Oberlehensherrlichkeit zugesagt hatte, und mit dem branden-
burgischen Heere vereinigt gewann er Ende Juli 1656 die dreitägige
Schlacht bei Warschau gegen die polnische Uebermacht, in Folge der
er wieder über den größten Theil des polnischen Landes gebot. Zum
Glück für Polen nahm der Kaiser eine drohende Haltung gegen Schwe-
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