Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

200 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs XIV. 2c. 
der tapfersten Gegenwehr übermannt und Karl konnte sich nur dadurch 
retten, daß er mit 2000 Mann an den Dniepr jagte und auf das tür- 
kische Gebiet übertrat. Sein tapferes Heer ging zu Grunde; Löwenhaupt 
hatte 16,000 Mann gesammelt, aber unfähig dem Feinde länger Wi- 
derstand zu leisten, ergab er sich; die Soldaten wurden als Sklaven in 
Rußland vertheilt oder in die sibirischen Bergwerke geschickt; nicht einer 
von diesen wackeren Männern sah die Heimath wieder. 
Rarl XII. in der Türkei (1709—1714). 
Karl wurde in der Türkei mit Ehren aufgenommen und ihm als 
Aufenthaltsort die Festung Bender angewiesen, von wo aus er sich alle 
Mühe gab, die Türken zu einem Kriege gegen den Zaren aufzureizen. 
Dies war auch im Interesse der Türkei, deren Besitzungen am schwar- 
zen Meere durch Rußland bedroht waren, wie der Verlust Asows deut- 
lich genug zeigte. Es gelang ihm, trotz der Gegenwirkung des russischen 
Geldes, zwei Wesiere zu stürzen, und 1711 rückte ein türkisches Heer 
von 200,000 Mann in die Molr au ein, in welche Peter durch die 
Versprechen des Hospodaren Kantemir gelockt worden war. Allein Pe- 
ter fand bei den Walachen keine Unterstützung, und er wurde mit seinem 
40,000 Mann starken Heere am Pruth eingeschlossen. Er war rettungslos 
verloren, wenn der Großwesier von seiner Uebermacht Gebrauch zu machen 
für gut fand; dieser war aber ein geiziger und furchtsamer Mann, der mit 
Peter Frieden (23. Juli) schloß, als dieser die Herausgabe Asows und 
die Schleifung der Festungswerke von Taganrog versprach. Es wird auch 
erzählt, daß der Großwesier durch die Juwelen Katharinas, der Gemah- 
lin Peters, bestochen worden sei; daß er sie angenommen, ist wahr, aber 
sonder Zweifel that die Gewißheit, ohne Krieg und Gefahr das verlo- 
rene Asow wieder zu gewinnen, bei dem indolenten Türken das meiste. 
Karl kam in das türkische Lager galoppiert, als der Friede bereils ab- 
geschlossen war, und konnte seine Wuth nur durch Beleidigung des Groß- 
wesiers auslassen. Er kehrte nach Bender zurück und intriguierte in 
Konstantinopel fort, um einen Krieg gegen Rußland zu erregen; aber 
obwohl es ihm gelang, noch zwei Großwesiere zu stürzen, so erreichte er 
vock seine Hauptabsicht keineswegs, und zuletzt wollten die türkischen Großen 
des gefährlichen Gastes überhoben sein. Man gab ihm also zu ver- 
stehen, daß er nach Hause gehen möge; endlich wurde ihm die bisher 
gereichte Geldunterstützung entzogen, aber ein Reisegeld gegeben, welches 
Karl annahm und doch nicht ging. Zuletzt brauchten die Türken Gewalt, 
erstürmten sein Haus und nahmen ihn selbst gefangen. Dessenungeachtet 
harrte er noch 11 Monate in der Türkei aus und erst, als er jede Hoff- 
nung auf türkische Hilfe zu einem Kriege gegen Rußland aufgeben mußte 
und die Nachrichten aus Schweden immer trauriger lauteten, entschloß
	        
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