Die pragmatische Sanktion und der polnische Thronfolgekrieg. 209
sich aber nur mit Mühe, denn seine Armee war unbedeutend und er selbst
altersschwach; der König von Preußen hatte ihm eine Heeresabtheilung
und mit derselben seinen Sohn Friedrich zugeschickt. Er habe noch den
Sckatten des großen Eugen gesehen, äußerte später der große Fritz;
der alte Held aber erkannte das Genie des jungen Prinzen und ver-
sicherte dessen Vater, daß sein Sohn ein großer Feldherr sein werde.
Die russische Kaiserin entsandte 30,000 Mann, die ankamen, als alles
vorbei war. Die kriegführenden Mächte schloßen nämlich bald (1735
Präliminarfriede zu Wien, der 1738 und 39 zu einem allseitigen
definitiven wurde) Frieden; Don Karlos behielt Neapel mit Sicilien,
dessen Könige seitdem aus dem Hause Bourbon sind; Lothringen gab
man dem Stanislaus Leszinsky (der es noch 29 Jahre lang be-
hielt und als milder Fürst regierte), nach dessen Tod aber sollte es an
Frankreich fallen, welches damit in diesem muthwilligen Kriege er-
reichte, was es unter den alten Kaisern so oft versucht hatte; dagegen
fiel Toskana, wo das mediceische Haus 1737 erlosch, an den
Herzog von Lothringen, Franz Stephan, des Kaisers Schwie-
gersohn. In Polen wurde August III. König, das unter ihm noch
tiefer herab kam; die Gesetze gegen die Dissidenten wurden verschärft
und dieselben von den Reichstagen und allen Aemtern ausgeschlossen.
Es versteht sich, daß die pragmatische Sanktion von den Mächten
anerkannt wurde. Der alte Eugen sagte: „ein schlagfertiges starkes
Heer ist die beste pragmatische Sanktion“, aber man härte ihn nicht. Er
starb den 21. April 1736, nachdem er so lange der Wächter und Rä-
cher Deutschlands gewesen war, welches neue Vaterland er mehr liebte,
als die meisten gebornen Söhne desselben zu thun pflegen. Von Person
war Eugen klein und schwächlich, er war nachlässig in seiner Kleidung
und ein starker Schnupfer. Seinem Feldherruberufe lebte er mit ganzer
Seele; er hielt die Soldaten in strenger Zucht, und in den Schlachten
schoß er Flüchtlinge mit eigener Hand nieder. Dies war jedoch selten
nöthig, denn die Soldaten vertrauten seinem Genie und seinem Glücke,
und wagten und ertrugen unter ihm Unglaubliches. Sie liebten ihn wie
einen Vater, denn er sorgte für ihre Bedürfnisse angelegentlicher als
alle gleichzeitigen Feldherrn. Er war der Stolz und die Seele des deut-
schen Heeres und selbst das deutsche Nationalgefühl erwachte durch den
Siegesdonner seiner Schlachten, und es hätte so Großes gethan als 1813
und 14 geschah, wenn es Eugen erlaubt gewesen wäre, dasselbe in Bewe-
gung zu setzen. „Prinz Eugenius, der edle Ritter“, der im Felde dreizehn
Wunden erhalten hatte, war zudem ein eben so großer Staatsmann als
Feldherr, der Schutzgeist Oesterreichs, wie ihn Friedrich der Große
nenntz dabei war er Feind aller Ränke, ohne Neid gegen fremdes Ver-
dienst, treu in der Freundschaft, religihs ohne Fanatismus.
Bumäller, Neue Zeit. 6. Aufl. 14