Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

230 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs IIV. rc. 
(1733—1763) durch Reichstagsbeschluß dahin steigerte, daß die Dissi- 
denten die Berechtigung zu Staatsämtern verloren, was bei ihnen die 
heftigste Erbitterung erregte, so daß sie den Beistand auswärtiger Mächte 
anriefen und der politische Parteikampf durch rellgiösen Hader den ge- 
fährlichsten Zusatz erhielt. Die Dissidenten kamen bei dem Reichstage 
(1766) um Rechtsgleichheit mit den Katholiken ein, was von Rußland, 
Preußen, Schweden, Dänemark und England unterstützt wurde; trotz 
ihrer Gesetze gegen die Katholiken fanden es die drei letzteren Staaten 
doch billig, daß den Dissidenten in Polen alle staatsbürgerlichen Rechte 
eingeräumt werden sollten. Der Reichstag schlug es ab und nun schloßen 
die Dissidenten und alle Unzufriedenen die Generalkonföderation 
von Radom und riefen durch den Gesandten Repnin die russfische Hilfe 
an. Diese ließ nicht auf sich warten; ein russisches Heer marschierte in 
Polen ein und zwang den Reichstag, die Toleranzakte zu erlassen, durch 
welche das Begehren der Dissidenten erfüllt wurde; Europa jubelte über 
diese That der philosophischen Kaiserin, obwohl sie zugleich diktierte, daß 
in Zukunft ohne Einwilligung Rußlands kein Reichstagsbeschluß Giltig- 
keit haben sollte. Katharina ließ seitdem Polen nicht mehr los und fand 
unter dem polnischen Adel um einen nicht gar hohen Preis bereitwillige 
Werkzeuge für jeden ihrer zu Polens Verderben entworfenen Plane. 
Der König Stanislaus II. Poniatowsky (seit September 1764) 
war früher einer ihrer Buhlen gewesen, alsdann wurde er ihr Werkzeug 
bei der Unterjochung Polens; mit Preußen hatte sie abgeredet, daß beide 
in eine Aenderung der polnischen Verfassung nicht einwilligen wollten 
und damit war die Theilung angebahnt. Patriotische Polen (Kra- 
finski, Pulawski, ein Potockl an der Spitze) bildeten darauf die 
Konföderation von Bar (1. März 1767), welche die Abschüttlung 
des russischen Joches zum Zwecke hatte; deßwegen zwang Repnin den 
Reichsrath zur Bitte, die Kaiserin möchte ihre Truppen nicht aus Polen 
entfernen, in was sie großmüthig einwilligte. Nun brach der Zorn der 
Polen los; die Kouföderlerten unter Pulawski fochten mit heldenmüthiger 
Tapferkeit, aber sie unterlagen der russischen Uebermacht. Bar und Kra- 
kau wurden erstürmt, das Land schonungslos verwüstet und Grausam- 
keiten an den Konföderferten verübt, wie sie nur die Bestialität aus- 
sinnen kann. Der Sohn und Mitregent Maria Theresias, Josef, sah 
Katharinas Griff auf Polen mit großer Eifersucht und drohte sogar mit 
Krieg, allein Preußen brachte eine Verständigung unter den drei Adlern 
zuwege. In einem Manifeste (13. Januar 1773) verkündeten sie der 
Christenheit, sie drei wollten die Ordnung, Ruhe und Freiheit in Polen 
wieder herstellen, und bewiesen ferner, daß jedes der Stücke, die abge- 
rissen wurden, eigentlich von Gott und Rechtswegen gar nicht zu Polen, 
sondern zu Rußland, Preußen oder Oesterreich gehörten. Rußland trafen
	        
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