Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Der Bauernkrieg. Die zwoͤlf Artikel. 13 
vielen Gegenden hart bedrückt waren (man denke nur an den Wildstand 
jener Zeit), ist gar nicht zu bestreiten, denn die einmal frei gewesen, 
hatten die meisten Rechte verloren, und die von ursprünglich leibeigenen 
Bauern abstammten, hatten sich noch weniger zu einem besseren Zustande 
hinaufgearbeitet. Daher die vielen Bauernaufstände während des ganzen 
Mittelalters in Deutschland, Frankreich und England, welche aber in der 
Regel scheiterten, weil die Bauern ohne Ordnung und Oberbefehl los- 
schlugen und durch ihre Wütherei diejenigen von sich stießen, die ihnen 
anfänglich günstig waren. Am Ende des 15. und Anfange des 16. Jahr- 
hunderts waren die Aufstände besonders im südwestlichen Deutschland 
allbereits an der Tagesordnung; sie beweisen aber auch zugleich, wie 
tief der Haß und die Verachtung gegen die Geistlichkeit bei dem Land- 
volke sich eingeätzt hatten, und wie wenig die Bauern gesonnen waren, 
den Herren und anderen Ständen gegenüber ein Recht zu halten. So 
hatte im Jahre 1493 der elsässer Bundschuh (der geschnürte 
Bauernschuh war Emblem des Bundes) in seinen fünf Artikeln festge- 
setzt: geistliches und rothweilisches Gericht (kaiserliches Landgericht, ihnen 
verhaßt, weil die Streitsachen von den einheimtschen Gerichten weg dahin 
geschleppt wurden) abzuthun, keine Schulden, keinen Zoll und kein Um- 
geld mehr zu bezahlen, die Steuer auf vier Pfennige herabzusetzen, die 
Juden zu verjagen, ihr Gut zu nehmen und nicht mehr zu beichten. 
1505 treffen wir einen Bundschuh im Speyerschen, 1513 im 
Breisgau, 1514 in Wirtenberg den Aufstand des armen Kon- 
rad, welchen Herzog Ulrich nur mit Hilfe seiner Städte und gegen 
die Bewilligung großer landständischer Rechte bemeistern konnte. Es 
unterliegt keinem Zweifel, daß das Beispiel der Städte mit ihren 
Freiheiten und ihrem Wohlstande auf die deutschen Bauern wirkte, und 
es ist uns wohl bekannt, wie die Reichsstädte vielmal Miene machten, in 
ihren Kriegen gegen Fürsten und Adel die Bauern zur Unterstützung 
aufzurufen; allein nur die eidgenössischen, Zürich, Bern und Luzern, 
wagten diesen Schritt ernstlich. Das Glück der eidgenössischen Bauern, 
ihre großen Siege über den Adel erregten wenigstens bei den Bauern 
in Schwaben und den Nachbarländern große Schadenfreude, und als 
1410 die Bauern aus dem Appenzell, welche sich gegen den Abt von 
St. Gallen empört hatten, in Vorarlberg und Tyrol vordrangen und 
alles Volk zur Freiheit und in ihren Bund riefen, war nach dem Chronisten 
vein Lauf in die Bauern gekommen, daß alle wollten im Bunde sein“; 
die Niederlage der Appenzeller bei Bregenz machte aber dem Laufe ein 
Ende. Alle diese Reize wirkten noch immer auf die Bauern; zu dem 
kam in dem südwestlichen Deutschland, besonders in Schwaben, die neu 
erwachte Waffenlust, seitdem die Landsknechte in das Feld geführt wur- 
den; die Aufreizungen durch Sickingen und Hutten, der in seinem
	        
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