Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

14 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands 2c. 
„neuen Karsthaus“ die Bauern zur Empörung aufforderte, und vor 
allem die durch Luther hervorgerufene Bewegung. Luther schrieb aller- 
dings zunächst gegen „das Joch der Pfaffheit“, aber wenn er den Für- 
sten und dem Adel so angelegentlich rieth, die Güter der Stifte und 
Klöster wegmnehmen und die geistlichen Herren zu verjagen, sollten denn 
die Bauern zwischen geistlichen und weltlichen Herren einen augenfälli- 
gen Unterschied merken? Und wenn Luther die geistliche Herrschaft als 
gegen das Evangelium verwarf, wie wollte er den Bauern verwehren, 
das Evangelium an die weltliche Herrschaft zu legen und abzumessen, 
in wie weit dieselbe mit dem Evangelium zusammenstimme? Zudem 
hatte Luther auch die weltlichen Fürsten in seinem Schreiben an den 
Adel deutscher Nation nicht geschont und ihnen Titulaturen gegeben, die 
eben nicht geeignet waren, großen Respekt für die Fürsten zu pflanzen; 
wenn heut zu Tage jemand alle Sprüche Luthers über das weltliche 
Regiment zusammenstellen und im Drucke herausgeben würde, so würde 
diese Blumenlese augenblicklich überall verboten werden, vielleicht mit dem 
Zusatze, die Stellen seien aus ihrem Zusammenhange herausgerissen (1857 
im März wurde zu Rudolstadt wirklich ein Regierungsrath außer Dienst, 
Hönniger, wegen der Herausgabe einer solchen Sammlung zu sechs 
Wochen Gefängniß und den Gerichtskosten verurtheilt). Die Bauern 
glaubten sich durch die Predigt der evangelischen Freiheit berechtigt For- 
derungen zu stellen, die nach ihrer Meinung so gut in dem Evangelium 
begründet waren, als alles, was Luther gegen Papst und Geistlichkeit 
gepredigt hatte. Schon im März 1524 erschienen in Oberschwaben 
die zwölf Artikel der Bauern (wahrscheinlich von einem Dr. v. Fuchs- 
stein verfaßt), deren Inhalt und Form beweist, daß die wittenbergischen 
Predigten den längst bei dem Landvolke vorhandenen Brennstoff in Flam- 
men gesetzt hatten. Die Artikel verlangten: 1) Die Bauern wählen 
sich die Pfarrer selbst, und diese sollen ihnen das Evangelium lauter und 
rein und ohne allen menschlichen Beisatz verkünden. 2) Die Bauern 
sollen nur den von Gott eingesetzten Zehnten entrichten; davon sollen 
die Geistlichen leben und der Ueberschuß den Armen und dem gemeinen 
Wesen zu gute kommen; den kleinen Zehnten geben sie nicht mehr. 
3) Die Leibeigenschaft ist nirgends in der heiligen Schrift begründet, 
darum soll sie abgethan sein. 4) Jagd, Vogel= und Fischfang sollen 
frei sein, denn es steht nirgends geschrieben, daß Gott die Thiere des 
Waldes, des Wassers und der Luft nur für die Herren geschaffen habe. 
5) Der Wald soll dem Bauer frei sein, daß er daraus Holz für seinen 
Bedarf hole. 6) „Ist unsere harte Beschwerung der Dienste halber, 
welche von Tag zu Tag gemehret werden. Wir begehren, daß man 
eine ziemliche Einsicht darein thue, uns dermaßen nicht zu hart beschwere, 
sondern uns gnädig hierin ansehe, wie unsere Eltern gedient haben, allein
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.