Aufhebung des Jesuitenordens. 269
und schönen Geistern, die mit ihren literarischen Waffen die alte Kirche
angriffen, mit Jubel gefeiert wurde; denn welch' mächtigeren Bundes-
genossen konnten sie wohl gewinnen als die Staatsgewalt? Alle Mi-
nister, denen es glückte, ihre Fürsten zu einem solchen Schritte zu be-
wegen, wurden als Weise, als große Staatsmänner und Wohlthäter
der Menschheit gepriesen. Die Jesuiten bildeten allerdings eine mächtige
Korporatilon, und es war manchmal bei den politischen Fragen jener
Zeit und dem Ringen der Ehrgeizigen um die Staatsämter entscheidend,
auf welche Seite sich der Orden stellte, daher mußte er auch durch jeden
Sieg in der geschlagenen Partei einen neuen Feind gewinnen. Heftige
Widersacher der Jesuiten waren die Jansenisten, welche einen Streit
über die Gnade erhoben hatten (1640—1732); selbst unter den katholl-
schen Weltgeistlichen hatten die Jesuiten Gegner, auch Ordensgeistliche
waren ihnen gram, theils wegen theologischer Disputate, theils aus neben-
buhlerischer Eifersucht. In Frankreich wurde zuerst offen gegen sie ge-
rüstet; im Interesse der Jansenisten schrieb der genlale Blaise Paskal
(1657) seine „Briefe aus der Provinz“, in denen er die Moral angriff,
welche in dem Handbuche eines spanischen Jesuiten gelehrt wurde; wessen
er durch aus dem Zusammenhange gerissene Stellen mit sophlstischer Dia-
lektik einen Einzelnen beschuldigte, das wurde nun dem ganzen Orden
aufgebürdet und verabredeter Weise die Moral des Ordens als eine
rerwerfliche erklärt, obwohl selbst Voltatre sagte, wenn man einen ganzen
Orden für einzelne Mitglieder verantwortlich machen wollte, so würde
kein einziger bestehen. Gegen die Anschuldigungen der Unsittlichkeit sprach
jedoch das Leben der Jesfuiten zu laut, als daß man von ihr eine be-
sondere Wirkung auf das Volk hätte erwarten können. In dieser Re-
gion war nichts zu gewinnen, wie sich im Verlaufe der fast 100 Jahre
dauernden jansenistischen Streitigkeiten gezeigt hatte; darum wurde unter
Ludwig XV. an dem Hofe gegen sie gearbeitet, und da der Minister
Choiseul zu ihren Feinden gehörte, so handelte es sich darum, den
König selbst gegen die Jesuiten einzunehmen. Ein gewisser Damiens
machte den 5. Janmar 1757 einen Mordversuch gegen den König; dieser
Damiens war bei den Jesuiten im Dienste gewesen, daher wurde nichts
gespart, um aus seinem Geständnisse eine Inzicht gegen die Jesuiten
herauszubringen, aber es war keine Spur zu diesem Zwecke aufzufinden.
Dagegen gab der verbrecherische Versuch des Damiens Veranlassung,
einen gewaltigen Lärmen darüber aufzuschlagen, daß in dem Buche eines
Jesuiten der Tyrannenmord als erlaubt dargestellt werde, allerdings
eine so gefährliche Lehre als die hussitische: ein in Todfünde befangener
Fürst könne keinen Anspruch auf Gehorsam machen. Doch dies traf
abermals nur einen Einzelnen, und die gleiche Behauptung ist in dem
Lager der koalierten Jesultenfeinde erwiesenermaßen mehr als einmal