272 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs XIV. 1c.
dieust bestritten, die Wittwen, Waisen, die Alten und Gebrechlichen unter-
halten. Das andere Ackerfeld wurde nach Familien vertheilt und von
diesen bearbeitet; wer faul war, mußte ein größeres Stück des Gottes-
besitzes bearbeiten. Die Erzeugnisse der famtlienweise vertheilten Grund-
stücke wurden in große Vorrathshäuser niedergelegt, und von dort em-
pfingen die Quartiervögte das nöthige Fleisch, Mehl, Tuch u. s. w.
Am Montag erhielten die Frauen und Töchter Wolle, Baumwolle und
Seide; das Gespinnst daraus lieferten sie am Samstag ab. Baumwol-
lenzeug war ein Theil der Ausfuhr, besonders aber Paraguaythee, von
dem jeder seine bestimmte Quantität sammeln und einliefern mußte.
Das Tagewerk begann mit gemeinsamem Gesang, Gebet und dem hei-
ligen Meßopfer; es schloß mit Gesang und Gebet; die Glocken der Kirche
verkündeten die Tageszeiten und deren Geschäfte. Die ganze Reduktion
hatte also gemeinsames Gut und gemeinsame Arbeit, sie bildete eine
große Familie, wie zur Zeit der Apostel die ersten Christengemeinden.
Der Vorsteher der Reduktion war der Missionär, er vereinigte also die
priesterliche und obrigkeitliche Würde in seiner Person. Zur Handhabung
der Disciplin war die Gemeinde in Quartiere getheilt, von denen je-
des einen Oberaufseher hatte, der die Erwachsenen überwachte. Unter
ihm stand ein Oberaufseher, der die Schuljugend beaufsichtigte; beide
hatten untergeordnete Gehilfen, die ihnen alles meldeten, wozu sie selbst
hinwieder gegen den Missionär verpflichtet waren. Vergehen wurden
im ersten Falle mit Zurechtweisung unter vier Augen bestraft, im zwei-
ten durch öffentliche Buße an der Kirchenthüre, im dritten durch Ruthen-
streiche, was äußerst selten vorkam, wie denn alle Zeugnisse ohne Aus-
nahme, selbst die der Jesuitenfeinde, den sittlichen Zustand der Reduktio-
neu nur loben können. Auch das Wehrwesen war gut organisirt; die
Indianer besaßen Musketen und Kanonen, der Montag war der Tag
der Waffenübung; die Oberleitung hatten natürlich die Missionäre, den
Befehl aber führten Indianer; sie schlugen sich sehr gut nicht nur gegen
die räuberischen Einfälle wilder Stämme, sondern auch gegen Europäer,
namentlich die Portuglesen.
Die Zerstörung dieser herrlichen Schöpfungen (im Ganzen 33) be-
gann in dem von Spanien an Portugal abgegebenen Distrikte. Die
Jesuiten wurden hier wie in allen portugiesischen Besitzungen in Amerika
ausgetrieben; die Indianer der Reduktionen aber sollten ihren Boden
verlassen und sich eine neue Heimath suchen. Sie weigerten sich und
griffen zu den Waffen; die Folge war, daß sie zersprengt und die Je-
suiten als Urheber der Empörung angeklagt wurden. Die Portugiesen
fanden keine Gold= und Silbergruben, und da sie zu faul waren, um
das Ackerland der eroberten Reduktionen anzubauen, so verwilderte die-
ses, die schönen Dörfer gingen unter, die übriggebliebenen Indianer aber