274 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs XIV. 2c.
seinden in Frankreich als erwiesen, und nun wurde die öffentliche Mei-
nung, wie Voltaire selbst erzählt, durch eine Unzahl von ausgetheilten
Flugschriften bearbeitet, das Attentat Damiens aufs neue ausgebeutet
und gegen die Jesusten gerichtet. Bald traf den Orden ein neuer
Schlag; ein Pater Lavalette, Prokurator des Ordenshauses auf
Martinique, hatte sich in kolossale Handelsspekulatlonen eingelassen und
nach diesem Maßstabe einen Bankerott gemacht. Er wurde von dem
Orden ausgeschlossen, allein darin sah man keine Strafe, sondern ein
Manöver des Ordens, um sich den Ansprüchen der Gläubiger zu ent-
ziehen. Das Parlament in Paris leitete einen Prozeß gegen den Orden
ein und verurtheilte den Ordensgeneral und in dessen Person den ganzen
Orden zur Bezahlung der Schulden und Unkosten sowie zur Ersetzung
des Schadens. Dieser Prozeß war dem Orden in Frankreich schädlicher
als alle Anschuldigungen, die sonst erhoben wurden; das Parlament in
Paris ging weiter vor und setzte eine Kommission nieder, welche die
Anklageschrift des Abbé Chauvelin „die Jesulten schuldig der beleidigten
Majestät in Lehre und That“, und die der Jansenisten „Auszüge von
gefährlichen und verderblichen Behauptungen aller Art, welche die soge-
nannten Jesuiten zu allen Zeiten und mit aller Beharrlichkeit aufgestellt,
gelehrt und veröffentlicht haben“, untersuchen sollte, worauf der König
einging. Gleich darauf wollte das Parlament die Jesuitenkollegten schlie-
ßen, aber der König duldete es nicht und berief 50 Bischöfe nach Paris,
von denen sich 45 zu Gunsten der Jesuiten aussprachen; auch die nie-
dere Geistlichkeit sowie Papst Klemens XIII. nahmen sich der Jesuiten
an. Jene Untersuchungskommission aber anerkannte die Wahrheit der
in den genannten Schriften erhobenen Beschuldigungen, und das Pari-
ser Parlament erließ am 6. August 1762 den Urtheilsspruch, durch
welchen der Orden als gottlos und sakrilegisch erklärt und als dem Staate
und der Kirche verderblich aufgehoben wurde. Dem Pariser Parlamente
folgten die andern mit Ausnahme der von Frauchekomtö, Elsaß, Artois
und Flandern. Der König bestätigte (1764) das Urtheil durch ein
Edikt, gestattete jedoch den Jesuiten als Privatpersonen in dem Reiche
zu leben; da aber die Jesuiten mehr und mehr von der öffentlichen Mei-
nung unterstützt wurden und der Papst durch ein ausdrückliches Breve
den Orden bestätigte, so hätte er sich gewiß in Frankreich wieder herge-
stellt, wenn ihn nicht auch in Spanien der köntigliche Blitz getroffen hätte.
Karl III. von der bourbonischen Linie in Neapel, König von Spa-
nien (1759—1788), philosophierte und reformierte mit seinen Mini-
stern in so weit, als dies bei den obstinaten Spantern thunlich war.
Seine Regierung war wirklich kräftiger als die aller seiner Vorgänger
seit Philipp II.; er baute Straßen, Brücken, Arsenale u. s. w. und sie-
delte deutsche Kolonisten anf der öden Hochfläche der Sierra Morena an,