Die franzoͤsische Revolution. Frankreich vor der Revolution. 285
Zweites Kapitel.
Die franzüsische Revolstion.
Trankreich vor der Bevolution.
Frankreichs fährliches Einkommen in den letzten Zeiten des alten
Königthums belief sich auf ungefähr 430 Mill. Franken. Die Staats-
schulden, welche durch die Theilnahme an dem englisch-nordamerkkanischen
Kriege beträchtlich gewachsen waren, betrugen bereits 4000 Mill. Franken;
schon die Zinsen dieser Staatsschuld verschlangen, da bei dem erschütter-
ten Staatskredit Anlehen nur gegen hohe Verzinsung gemacht werden
konnten, so ziemlich die Hälfte des Staatseinkommens; nun waren aber
noch der Hof da, die Armee, die Flotte, die Beamten, überhaupt der
öffentliche Dienst; die Ausgaben dafür konnten mit dem Reste des Staats-
einkommens nicht bestritten werden, es gab daher jedes Jahr einen Aus-
fall, der durch ein neues Anleihen gedeckt werden mußte. König Lud-
wig XVI (geboren den 23. August 1754) regierte seit dem 10. Mai
1774 und hatte den besten Willen, durch einen besseren Staatshaushalt
den öffentlichen Kredit wieder zu heben und die Lasten des schwer ge-
drückten Volkes zu erleichtern; allein sein guter Wille war nicht von der
nöthigen Kraft unterstützt, um den Widerstand derer zu brechen, welche
ihm zunächst standen. Es saßen in seinem Ministerium drei Männer,
welche eine gründliche Reform des ganzen Staatswesens beantragten,
als das einzige Mittel, das noch helfen konnte: Turgot, Malesher-
bes, St. Germain. Sie verlangten die Berufung einer Nationalver=
sammlung oder wenigstens der Provinzialstände; dafür stellte der König
das Parlament wieder her, wie es vor 1770 bestanden hatte, in wel-
chem Jahre es zu einem Gerichtshofe umgeschaffen wurde, weil es die
Steuern nicht registrieren wollte; das geschah gegen Turgots Rath, denn
das Parlament machte wohl Opposition gegen die Regierung, wollte aber
von den nothwendigen Reformen nichts wissen. Turgot gedachte die Froh-
nen und drückende Feudallasten zu beseitigen und eine allgemeine und
gleichförmige Besteurung auf der Grundlage eines Katasters einzuführen.
Außer den indirekten Steuern, den Zöllen und Monopolen, gab es eine
direkte Steuer auf Grund und Boden (la taille), welche besonders den
Bauer und Pächter traf, eine Kopfsteuer, die nur auf dem gemeinen
Mann lastete, die Häusersteuer (der Zwanzigste), von der nur die Geist-
lichkeit befreit war. Fast noch drückender als die Steuern war die Art
ihrer Erhebung. Die Steuern der einzelnen Provinzen waren nämlich
an die Generalpächter gegen bestimmte Summen verpachtet; die General-
pächter wurden in der Regel bald Millionäre; die Besteuerten aber waren